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die wirtschaftlichen Verkehrsverhältnisse regelt, so fügt sie der
Möglichkeit freier Bewegung des Individuums gegenüber dem
anderen keineswegs ein neues Moment hinzu. Die Privatrechts-
verhältnisse konnten als Lebensverhältnisse schon längst vor-
handen sein, ehe sie einer rechtlichen Normierung unterworfen
wurden. Auch wenn ein anderes privatrechtliches Institut vom
Staate geschaffen wird, so enthält diese Schöpfung doch nur
die Gestattung, daß der individuelle Wille sich nach einer neuen
Richtung betätige. Die Rechtsordnung erkennt die betreffenden
individuellen Handlungen als erlaubt an, d. h. sie gestattet, daß
der individuelle Wille nach gewissen Richtungen seine natür-
liche Freiheit gebrauche“ (natürliche Freiheit ist hier im Sinne
der vom Staate unabhängigen psychisch-physischen Handlungs-
möglichkeit gebraucht). Dieses „Gestatten“ von Seite der
Rechtsordnung hat JELLINEK im Auge, wenn er davon spricht,
daß das Kennzeichen des privatrechtlichen Anspruchs das
„Wollendürfen“ sei.
Ist das „Wollendürfen“ etwas, was die Rechtsordnung keines-
wegs als neues Moment der Handlungsfähigkeit des Menschen
hinzufügt, so kann sie andererseits der Handlungsfähigkeit aber
auch etwas hinzufügen, was das Individuum von Natur aus
nicht besitzt. „Sie kann ihm nämlich den Anspruch verleihen,
daß gewisse seiner Handlungen von ihr als zu recht bestehend
anerkannt und demgemäß staatlichen Schutzes teilhaftig werden.
Es liegt nicht in der natürlichen Freiheit des Individuums, den
Staat zu bewegen, eine von-ihm vorgenommene Handlung, der
bisher rechtliche Relevanz mangelte, für rechtlich relevant zu
erklären. Das kann der Natur der Sache nach stets nur durch
den der Bestimmbarkeit durch individuellen Willen entrückten
Beschluß des Staates geschehen“ (a. a. O. S. 47). JELLINEK
führt a. a. O. als Beispiel die Ehe an. „Das Individuum mag
welche Geschlechtsverbindung auch immer eingehen, zur Ehe
wird die Geschlechtsverbindung nur unter den vom objektiven