Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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politische Gewalt aus. Unter der letztern ist auch sein Recht 
zu verstehen, die Könige zu wählen und abzusetzen. Zu Lag- 
männern, wörtlich Gesetzesmännern, die das Amt von Richtern 
übten, ernannte es freie ansässige Bauern. „Den Lagmann sollen 
alle Bauern erwählen mit Gottes Beistand“ sagt das Westgoten- 
gesetz. Und diese Lagmänner gelten sozusagen als Tribune des 
Volkes, die es gegen die Obern zu schützen haben. Lange Zeit 
ist es den ÖOberkönigen nicht gelungen, die Macht des Volkes 
einzuschränken, und ein Vorgang aus der schwedischen Ge- 
schichte, bei dem wir einen Augenblick verweilen wollen, zeigt 
mit besonderer Deutlichkeit, wie abhängig der Oberkönig vom 
Volkswillen war. Am Anfange des 11. Jahrhunderts weigerte 
sich König Olaf, genannt Schooßkönig, einen Frieden mit Nor- 
wegen zu schließen, während in Schweden die Volksstimmung 
die Beendigung des Krieges wünschte. Auf der allgemeinen 
Volksversammlung, dem Upsala-Thing, erschien auch ein Ge- 
sandter Norwegens und wollte der Versammlung die Wünsche 
seines Landes vortragen, Olaf aber gebot ihm Schweigen, und 
als darauf der Gesandte Unterstützung fand, geriet der König 
in Zorn und sprach von Verräterei. Jetzt erhob sich der Richter 
über Thiundaland, Thorgny Thorgnys Sohn, erzählte von den 
ruhmvollen Taten und der Volkstreue der früheren Könige, 
schalt den Eigensinn und die Anmaßung Olafs und drohte ihm: 
„Wenn du unsere Ratschläge verwirfst, so werden über dich 
herfallen und dich tödten. Unsere Väter haben lange vor uns 
so gehandelt, als sie fünf Könige, die von Stolz und Uebermut 
aufgeschwollen waren wie du, auf dem Thing von Mora in eine 
Wassergrube stürzten“. Zu dieser Rede spendete ihm das Volk 
Beifall durch Geräusch und das Zusammenschlagen der Waffen, 
worauf Olaf kleinlaut versprach, wie die schwedischen Könige 
es von jeher getan hätten, auf den Willen des Volkes zu achten. 
Als er aber nachher die Ausführung der Thingbeschlüsse doch 
zu hintertreiben suchte, wurde ihm sein Sohn an die Seite ge- 
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