Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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wahl seiner Umgebung und seiner Hausgenossen. WEINGARTENS 
Richterspiegel (Prag 1682) bezeichnet sich selbst als „Vorstellung, 
mit was Tugend-Qualität und Eigenschaften ein Richter oder 
Oberer begabt oder ja selbe zu erlangen beflissen sein und was er 
vor Laster meiden soll“. Als Darstellung der Advokatenpflichten 
mag der Tractatus de officio advocati, Duorum clarissimorum 
Jurisconsultorum Jo. BAPTISTAE CACCIALUPI et LANCELLOTI POLITI, 
Colon. Agripp. 1589 erwähnt sein. Dort führt der zweite Autor 
als die Advokaten-Tugenden an: bonitas, juris scientia, prudentia, 
eloquentia. Einige weitere Literatur-Angaben finden sich am 
Schlusse dieser Abhandlung. Eine wahre Fundgrube an Mate- 
rial für eine juristische Ethik besitzen wir in der Preußischen 
Allgemeinen Gerichts-Ordnung vom 6. Juli 1793 Teil III: Von 
den Pflichten der bei der Justiz angesetzten Personen‘. Wenn 
auch die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse 
unseres Vaterlandes in den inzwischen vergangenen mehr als 
hundert Jahren völlig andere geworden sind, so haben doch 
zahlreiche Sätze aus diesen ins Einzelne gehenden Vorschriften 
über die Amts- und Lebensführung der Richter, Justizkommis- 
sarien (Rechtsanwälte) und sonstigen Justizbeamten auch heute 
noch ihre unzweifelhafte Bedeutung, zumal die neuere Gesetz- 
gebung dieses Gebiet ungeregelt gelassen hat. Dieser Ill. Teil 
der AGO. verdient es, daß wir wenigstens eine seiner Funda- 
mentalbestimmungen wörtlich wiedergeben: 
8 24 III 1. Se. Königliche Majestät wollen daher alle und jede Dero 
höhere und niedere Justizbedienten hierdurch ernstlich warnen, sich nach 
vorstehenden Anweisungen und Bedeutungen auf das genaueste zu achten; 
nicht nur vor allen groben und vorsätzlichen Ungerechtigkeiten sich sorg- 
ältig zu hüten, sondern auch bei Besorgung der ihnen aufgetragenen Amts- 
geschäfte alle und jede Leidenschaften von sich entfernt sein zu lassen; 
selbst den Schein der Parteilichkeit und Animosität mit gewissenhafter Auf- 
merksamkeit zu vermeiden; von keiner Partei, welche bei dem Kollegio 
* Wegen der Streitfrage über die Fortgeltung des III. Teiles vgl. BASCH, 
Die Allgemeine Gerichtsordnung, 2. Aufl., Berlin 1884, Einleitung; anderer- 
seits VIERHAUS in GRUCHOTs Beiträgen, 27. Jahrgang S. 655 fl.
	        
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