Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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mehr haben, die in einem andern Landesviertel wohnten als er 
selbst. In jedem Thingverband wurde seither jedes Jahr ein 
Frühlings- und ein Herbstthing gehalten, doch ist nach neuen 
Verfassungsänderungen im Jahre 1004 das Stimmrecht auf die 
Goden beschränkt worden. Scharf unterschieden wurden von den 
Thingversammlungen die Gemeindeversammlungen. Hier hatten 
die Goden nur gleich jedem andern Bauern mitzusprechen. Die 
Genossen wählten die Gemeindebeamten, und unabhängig von 
der Kirche, mit deren Organen ihre Geschäfte sie zwar in Ver- 
bindung brachten, ordneten sie dieselben, insbesondere die Armen- 
pflege. Bemerkenswert ist auch, daß es in Island bevorzugte 
Gerichtsstände nie gegeben hat, das Priestergericht ausgenommen, 
das in der späteren christlichen Aera entstand, aber jeweilen 
nur dann sich bildete, wenn ein Priester den seinem Bischof 
schuldigen Gehorsam verletzt hatte. Die isländischen Priester 
schlossen sich von der Bevölkerung weniger ab als anderswo, sie 
weigerten sich, im Cölibat zu leben, und konnten sich jedem welt- 
lichen Berufe widmen. Nach und nach lockerten das Anwachsen 
des Besitzes in der Hand einzelner Männer, sowie deren Kämpfe 
um den Vorrang und auch die Zerwürfnisse zwischen dem Staat 
und der Kirche die Bande des Freistaats. Zuletzt erleichterte 
die allgemeine Parteiung die allmähliche Unterwerfung der Insel 
durch die norwegischen Könige, welche noch vor Ablauf des 13. 
Jahrhunderts vollendet wurde. Die Godenfamilien verschwanden 
rasch, manche Aemter wurden jetzt von Norwegern verwaltet und 
norwegische Gesetze drängten das isländische Recht mehr und 
mehr zurück. Das Allthing ist erst unter der spätern dänischen 
Herrschaft und zwar erst im Jahre 1843 wieder auferstanden, 
damals, als Dänemark für die Insel einen Landtag unter jenem 
Namen einsetzte, freilich nur mit beratender Stimme; erst 1873 
erhielt er dann auch gesetzgebende Gewalt.
	        
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