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mehr haben, die in einem andern Landesviertel wohnten als er
selbst. In jedem Thingverband wurde seither jedes Jahr ein
Frühlings- und ein Herbstthing gehalten, doch ist nach neuen
Verfassungsänderungen im Jahre 1004 das Stimmrecht auf die
Goden beschränkt worden. Scharf unterschieden wurden von den
Thingversammlungen die Gemeindeversammlungen. Hier hatten
die Goden nur gleich jedem andern Bauern mitzusprechen. Die
Genossen wählten die Gemeindebeamten, und unabhängig von
der Kirche, mit deren Organen ihre Geschäfte sie zwar in Ver-
bindung brachten, ordneten sie dieselben, insbesondere die Armen-
pflege. Bemerkenswert ist auch, daß es in Island bevorzugte
Gerichtsstände nie gegeben hat, das Priestergericht ausgenommen,
das in der späteren christlichen Aera entstand, aber jeweilen
nur dann sich bildete, wenn ein Priester den seinem Bischof
schuldigen Gehorsam verletzt hatte. Die isländischen Priester
schlossen sich von der Bevölkerung weniger ab als anderswo, sie
weigerten sich, im Cölibat zu leben, und konnten sich jedem welt-
lichen Berufe widmen. Nach und nach lockerten das Anwachsen
des Besitzes in der Hand einzelner Männer, sowie deren Kämpfe
um den Vorrang und auch die Zerwürfnisse zwischen dem Staat
und der Kirche die Bande des Freistaats. Zuletzt erleichterte
die allgemeine Parteiung die allmähliche Unterwerfung der Insel
durch die norwegischen Könige, welche noch vor Ablauf des 13.
Jahrhunderts vollendet wurde. Die Godenfamilien verschwanden
rasch, manche Aemter wurden jetzt von Norwegern verwaltet und
norwegische Gesetze drängten das isländische Recht mehr und
mehr zurück. Das Allthing ist erst unter der spätern dänischen
Herrschaft und zwar erst im Jahre 1843 wieder auferstanden,
damals, als Dänemark für die Insel einen Landtag unter jenem
Namen einsetzte, freilich nur mit beratender Stimme; erst 1873
erhielt er dann auch gesetzgebende Gewalt.