Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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vermögen, sofern den gesetzlichen Bestimmungen entgegen ein nur als 
Wille einer bestimmten Person anerkannter und nur dieser Person 
zugerechneter Wille allen sonstigen Personen zugerechnet wird, welche in 
bewußter Weise die Voraussetzungen der Wirksamkeit dieses Willens ge- 
schaffen und insofern seinen Inhalt mitgewollt haben. Die Konstruktion 
LUKAS besitzt ganz denselben Wert als jene, welche den Vormundschafts- 
richter, der einem Ehevertrage des Pupillen (oder im Namen des Pupillen) 
für jedermann erkennbar die Genehmigungsklausel aufsetzt, den Ehevertrag 
als Kontrahenten mit abschließen läßt ?*. Ungeachtet es vom Standpunkt der 
empirischen Kausalität keine Haupt- und Nebensache, keine Ueber- und Unter- 
ordnung, keine Hauptperson und keine Hilfsperson, keinen Täter, Urheber 
und Helfer gibt?#, kann das objektive Recht alle diese Unterschiede 
statuieren. Indem das österreichische Gesetz mit nicht zu überbietender 
Deutlichkeit ($ 13 Abs. 2 des Ges. vom 21. Dezember 1867 R. 141) für 
die Sanktion den Kaiser und nur diesen zuständig erklärt, verbietet es 
Richtern und Beamten, ein Gesetz, in dem der Reichsrat oder ein Land- 
tag als mitbefehlend oder als alleinbefehlend und der Kaiser 
als nur zum Befehle zustimmend angeführt wird, anzuwenden und den 
Untertanen ein solches Gesetz zu befolgen. Der Minister darf ein so formu- 
liertes Gesetz als Usurpation verfassungswidriger Zuständigkeit nicht zur Sank- 
tion vorlegen. Reichsrat und Landtage dürfen nach Österreichischem Recht 
keine Kundmachungen, also keine Befehle erlassen. Sie haben von Ver- 
fassungswegen nichts zu befehlen. Und weil nur der Kaiser Gesetzgeber 
ist und niemand außer ihm, erklärt das Gesetz nur den Kaiser als auctor 
der zu geschichtlicher Bedeutung gelangten $ 14 — Verordnungen, unge- 
achtet kundgegeben werden muß, daß sie von sämtlichen Ministern mitgewollt 
sind. Es ist deshalb höchst befremdend, daß gerade KELSEN, der die formale 
technisch-konstruktive Bedeutung der Jurisprudenz bei jeder Gelegenheit 
betont, die Bedeutung der Form als Ausdruck für die Zurechnung der 
Befehlsgewalt, für die Zuständigkeit zur Befehlsgewalt und ihre 
hiemit gegebene Fähigkeit zum Ausdruck bestehender Staatsformen 
verkennt®!, daß er übersieht, daß es auch eine juristische Nebenordnung 
2? Der Unterschied zwischen zusammen- und gemeinschaftlich wollen 
im juristischen Sinn und dem in der auctoritatis interpositio steckenden 
akzessorischen Willen leuchtet ein, wenn man den gemeinschaftlichen Ver- 
äußerungswillen mehrerer Erben, soweit sie nach österreichischem Recht 
im Zuge der Nachlaßabwicklung abhandlungsbehördlicher Genehmigung be- 
dürfen, mit dieser Genehmigung vergleicht. 
s° Wo soll man vom Standpunkte der Lehre Lukas die obligatori- 
schen staatlichen Konseils unterbringen, die vor der Vornahme eines staat- 
lichen Akts vernommen werden müssen ? 
8! KELSEN a. a. OÖ, 8. 417.
	        
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