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schaft auch im Verhältnis zum obrigkeitlichen Staate das Rechtsleben der
Staaten, soweit es von germanischen Rechtsvorstellungen beherrscht ist, gar
niemals verlassen hat und daß die Idee des Patrimonalismus es ermöglicht,
auch die Herrschaft, die für KELSEN wie für Linse nur eine nicht recht-
lich faßbare Tatsache ist, als Rechtsobjekt zu denken, und Prätendenten-
prozesse in einem monarchischen Staat, Gemeindehoheitsprozesse, Pro-
zesse der Meistbesteuerten um ihren Anteil an der Gemeindehoheit durch-
zuführen, von der gewaltigen Rolle des Patrimonialrechts im Völkerrecht
ganz abzusehen.
Faßt man das Ergebnis dieser Erörterungen zusammen, so bilden sie
den Ausdruck der Besorgnis, daß die Räumungsarbeit, die KELSEN unter-
nommen hat, allzu gründlich ausgefallen ist, daß alles, was nicht gerichts-
bar ist 55, die nicht wegzuleugnenden gewaltigen Schöpfungen freier Rechts-
zu tailen und vor gewalt zu schirmen gebürt; dann die Klage des kroatischen
Fuhrmanns Andreas Metvenitsch, im Hof an der Leitha gegen das kk.
Gefällenamt auf Entlassung aus der gefällsämtlich verhängten Haft,
über welche die Justizbankodeputation etwa um 1769 erkannt hat.
Landesfürstliche Verwaltungsrechtspflege L, 8.5, A. 1, IL, S.176 ff. Heute
ist es der Einzelne, der von dem Verwaltungsrichter das Gesetz fordert
und die Macht hat durch seinen Antrag das Zurücktreten der Verwaltungs-
behörde hinter die ihr gezogenen Schranken herbeizuführen, TEZNER, Grün-
huts Zeitschrift, 21. Bd., S. 135. Art. 15 des öst. StGG. über die richterliche
Gewalt: „Wenn Jemand behauptet, durch eine Entscheidung oder Verfügung
in seinem Rechte verletzt zu sein, so steht ihm frei, seine Ansprüche
vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen einen Vertreter der Verwaltungs-
behörde geltend zu machen.“ Vgl. auch STOERK, Grünhut's Zeitschrift,
12. Bd., S. 142, dann das rechtswidrige Verhalten der Staaten nach
Völkerrecht.
5 A. a. O., S. 236. Der Satz, daß das subjektive Recht der Rechtssatz
selbst sei im Verhältnis zu jener Person von deren Verfügung die Reali-
sierung des im Rechtsstaat ausgesprochenen Willens des Staates zur Un-
rechtsfolge abhängig gemacht wird (8. 625) erweist sich insofern nicht ganz
klar und ausreichend, als es Fälle gibt, in denen die Behörde zwar nur auf
Antrag einschreiten darf, aber selbst bei vorliegendem Antrag nicht ein-
schreiten muß, So darf nach $ 835 der österr. Gewerbeordnung die Landes-
stelle die Benützung von Privatschlachthäusern im Hinblick auf bestehende
Gemeinde- und Genossenschaftsschlachthäuser nur auf Antrag der Gemeinde-
vertretung untersagen. Sie muß sie aber selbst beim Zutreffen dieser Voraus-
setzungen nicht untersagen. Mir will es vorkommen, als ob mit der auf
dem Kothurn daherschreitenden Begriffsbestimmung KzLsens doch nicht
mehr gesagt wird, als daß subjektives Recht der durch das objektive Recht
gewährte Anspruch sei. Auch der Fall der Verwertung eines und desselben