Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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zieht: die Gegenzeichnung ist verfassungsmäßig für sämtliche An- 
ordnungen vorgeschrieben. „Die konstitutionellen Grundgedanken sind rest: 
los durchführbar" (S. V). Aber der Mangel der Gegenzeichnung macht 
derınach den Akt zwar immer „fehlerhaft“, keineswegs jedoch ohne weitere 
nichtig (S. 373). Daraus ergibt sich die Möglichkeit, daß auch ein solcher 
fehlerhafter Akt wenigstens „bestimmten Organen oder Personen gegenüber* 
doch noch wirkt. Es kommt bloß darauf an, daß diese Adressaten recht- 
lich nicht in der Lage sind, die Fehlerhaftigkeit geltend zu machen. Das 
trifft zu bei den Angehörigen des Soldatenstandes: sie stehen unter einer 
„graduell gesteigerten Dienstgewalt“, der Kommandogewalt. Daraus folgt 
für sie die Pflicht des unbedingten Gehorsanıs und die Unzulässigkeit einer 
Prüfung der Rechtmäßigkeit des an sie ergangenen Dienstbefehls. Also 
müssen sie auch dem fehlerhaften Akte gehorchen. 
Wir geraten hier mitten in die Lehre von den Grenzen der dienst- 
lichen Gehorsamspflicht. Der Verfasser beschäftigt sich damit gewissen- 
haft, wie mit allem was er berührt, wesentlich auf Grundlage von LABANDs 
Auffassung, wonach es bloß auf „formelle Rechtmäßigkeit“ des Befehles 
ankommt. Wenn er dabei (Art. 1628) bemerkt: ich weiche von LABARND al, 
„doch mehr äußerlich“, so möchte ich das nicht für richtig ausgedrückt 
halten. Ich weiche sehr stark sachlich ab, nicht gerade von LABAND, der 
wie immer sehr vorsichtig ist, aber von einer Ansicht, die neben ihm gel- 
tend gemacht wird und die auch bei ihm noch durchklingt. Es handelt 
sich um die alte Idee, die Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Anord- 
nungen des Vorgesetzten durch den Untergebenen kontrollieren zu lassen, 
der zur Durchführung jener Anordnung verwendet werden soll. Also die 
Polizeibehörde befiehlt einem Manne, seine Mauer wegzuräumen, und gibt 
denn ihrem Vollstreckungebeamten den Auftrag, dies mit Gewalt zu be- 
wirken ; oder das Gericht verurteilt Jemanden zur Zahlung und die Partei 
beauftragt den Gerichtsvollzieher mit der Pfändung. Hier sagt man jetat 
nicht mehr: der Vollstreckungsbeamte hat die Rechtmäßigkeit des Aktes 
zu prüfen, zu dessen Durchführung er dient; aber er soll prüfen dürfen. 
ob dieser überhaupt noch „innerhalb der Grenzen der Zuständigkeit" der Be- 
hörde erging, die ihn erließ. ich’bin der Meinung, der Beamte habe an 
diesem Akte selbst gar nichts zu prüfen. Dem Gerichtsvollzieher ist zur 
ausdrücklichen Bedingung seiner Tätigkeit gemacht, daß er sie nuf suf 
Grund eines gehörig ausgefertigten Gerichtsurteils ausüben darf; das ist 
eine Besonderheit für ihn; aber ob das Gericht zuständig war oder nicht, 
hat ihn nicht zu kümmern. Und der Vollstreckungsbeamte der Verwal- 
tungsbehörde kriegt den zu vollstreckenden Akt überhaupt nicht zu Ge- 
eicht. Der Akt kann, die gröbsten Uebergrifie in die zivilgerichtliche Zu- 
ständigkeit enthalten ; es geht ihn nichts an. Für ihn fragt sich nur: kann 
die Behörde mir Dienstbefehle dieser Art erteilen? Also die Zustän- 
digkeit zu solchem Dienstbefehle ist in. Frage, nicht die Zuständigkeit zu:
	        
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