Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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barkeit wird ihm alsdann zum beherrschenden Begriff (S. 532 ff.) Unvoll- 
ziehbarkeit entsteht, wo einem Befehl „eine Prüfungspflicht gegenübersteht 
falls die Prüfung seine Unrechtmäßigkeit ergibt“ (S. 534). Im Bereiche der 
Kommandogewalt fehlt diese Prüfung, also schadet hier der Mangel der 
Gegenzeichnung nichts, die in den Verfassungen gemeinte Unvollziehbar- 
keit bezieht sich nicht darauf. Diese Begründung steht aber auf sehr 
schwachen Füßen. Der Ausdruck „vollziehbar“ ist ja, wie auch Verfasser 
betont (8. 492 ff.), dem Französischen nachgebildet; „executoire“ aber be- 
deutet einfach „rechtswirksam“. „Les lois sont executoires en vertu de 
leur promulgation“ (Littre). Mit der Frage des Prüfungsrechts hat das 
nichts zu tun. — 
Ich bin etwas auf solche Einzelheiten eingegangen, weil der Verfasser 
diese Dinge so gewandt und so eindringlich vorträgt, daß es schon am 
Platze ist, sich zu wehren, wenn man nicht mitgenommen sein will. Jeden- 
falls ist das Buch nützlich zu lesen; man erhält manche Anregung und er- 
fährt allerlei, was man überhaupt nicht oder nicht in diesem Zusammen- 
hange kennen gelernt hatte. Otto Mayer. 
Leonhard Jenny, Die Verwaltungsrechtspflege der 
Schweizerischen Eidgenossenschaft Kommissionsver- 
lag von J. Baeschlin in Glarus, 1910. 
Die Schweiz ist in der Ausbildung der Verwaltungsgerichtsbarkeit hinter 
den meisten Staaten Europas zurückgeblieben. Im Bunde (der Eidgenos- 
senschaft), wie in der Großzahl der Kantone erledigen die Verwaltungsbe- 
hörden die Verwaltungsstreitsachen endgültig, und es besteht für den Bürger 
keine Möglichkeit, bei Mißbrauch und Mißgriff der Verwaltungsorgane ein 
unabhängiges Verwaltungsgericht anzurufen. Für diese Erscheinung ist in 
erster Linie die demokratische Auffassung verantwortlich, welche annimmt, 
die Garantie gegen Rechtsverletzungen liege in der periodischen Wahl der 
Beamten und der dadurch geschaffenen Gelegenheit, den untauglichen Voll- 
strecker des Gesetzeswillens aus seinem Amt zu entfernen. Diese Annahme 
berubt auf Irrtum. Denn wer die konservative Sinnesart der schweize- 
rıschen Demokratie kennt, weiß, wie schwer es — insbesondere. unter dem 
System der Volkswahlen — hält, einen Beamten aus seinem Amt zu entfernen, 
„wegzuwählen‘, wie der schweizerische Ausdruck lautet. Schwerer wiegt 
der zweite Einwand gegen die Errichtung besonderer Verwaltungsgerichte 
in der Schweiz. Wie bekannt, hat das Schweizerische Bundesgericht Be- 
schwerden wegen Verletzung „verfassungsmäßiger Rechte der Bürger“ zu 
beurteilen (Bundesverfassung Art. 113), mögen diese Rechte in der Bundes- 
oder in einer Kantonsverfassung gewährleistet sein. Auf Grund dieser Kompe- 
tenz vermag das Bundesgericht eine Kontrolle darüber auszuüben, ob die 
Verfügungen kantonaler Behörden nicht in unzulässiger Weise in die ver- 
fassungsmäßig garantierte Eigentumsfreiheit, Gewerbefreiheit u. -. f. des
	        
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