Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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um dadurch zu sicheren Grundlagen für allgemeine Sätze über den Ab- 
schluß und die Auflösung, über Nebenbestimmungen (Bedingungen, Auf- 
lagen) und über Mängel der Verwaltungsakte und deren Wirkungen (Nich- 
tigkeit, Anfechtbarkeit) zu gelangen. 
Es wird also über die schon sehr ausgebildete Lehre vom prozessualen 
Urteil und die weniger ausgebildete Lehre von der Verwaltungsverfügung 
eine höhere allgemeine Lehre aufgebaut, die im bürgerlichen Recht des 
Rechtsgeschäftes wurzelt und den Handlungen der Gerichte und Verwal- 
tungsbehörden, namentlich aber den letzteren angelegt wird. 
Ich gestehe, daß ich mit äußerstem Widerstreben, vielleicht „etwas 
naiv“! daran gegangen bin, mir das gerichtliche Urteil und andere ge- 
richtliche Handlungen und gar die Verwaltungsverfügung als Rechtsge- 
schäfte vorzustellen. Der Begriff des Rechtsgeschäftes war mir bisher zu 
sehr durch das hinter ihm arbeitende „vermögensrechtliche Interesse“ 
bestimmt. Den Dienstbefehl des Distriktsschulinspektors an den Lehrer 
über irgend eine Frage der Unterrichtsbehandlung als Rechtsgeschäft zu 
denken und überhaupt das Verwaltungsgeschäft im technischen Sinn, d. i. 
als die amtlich gesetzte Aufgabe, in Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen 
zu zerlegen, das wollte und will mir zum Teil noch immer nicht recht ein- 
gehen. Aber ich bin eben vom „alten System“ (S. 50) und das wird sich 
wohl mit der Zeit vom „neuen System“ (S.51 ff.) überwinden lassen müssen. 
Ich halte mir OÖ. MAYErs Lehre vor und werfe einen Seitenblick aufF. FLEI- 
NERS neuestes Werk, die Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechtes ; 
auch hier werden alte Vorstellungen überwunden. 
Man will sich ja gern neue Vorstellungen, selbst wenn sie anfangs 
schmerzen, gefallen lassen. Die Sorge aber, es möchte verhütet bleiben, daß 
dem Verwaltungsrecht durch die Parallele mit dem Prozeßrecht und durch die 
zivilrechtlichen Oberbegriffe Gewalt angetan werde, wird man selbst Einem 
vom neuesten System nicht abnehmen dürfen. Es frägt sich daher vor 
allem: wird den Handlungen der Verwaltungsbehörden und der Gerichte je 
von ihrer eigentümlichen Natur nichts genonimen, wenn sie miteinander in 
eine Kategorie gestellt und vom Privatrecht her gemeinsam erklärt werden ? 
Hier könnte offenbar viel versündigt werden und ist auch schon viel ver- 
sündigt worden. Die Grenzen sind zu hüten, denn die Gebiete sind nun 
einmal durch sie getrennt. Es bleibt doch immer wahr, daß die Verwal- 
tung etwas ganz anderes tut, als die Justiz, daß sie deshalb auch andere 
Mittel hat als jene, andere materielle Pflichten in Anspruch nimmt und 
Rechte anerkennt und über andere Formen des Verfahrens verfügt. Es ist 
auch etwas Wahres an dem verschiedenen Geist, der im Prozeß und in der 
Verwaltung herrscht und herrschen muß. Noch viel mehr gilt das na- 
ı Des Epithetons „naiv“ erfreuen sich bei K. nur Bayern. Vgl. S. 36 
N. 46 (SEYDEL), S. 345 N. 59 (Pözı).
	        
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