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um dadurch zu sicheren Grundlagen für allgemeine Sätze über den Ab-
schluß und die Auflösung, über Nebenbestimmungen (Bedingungen, Auf-
lagen) und über Mängel der Verwaltungsakte und deren Wirkungen (Nich-
tigkeit, Anfechtbarkeit) zu gelangen.
Es wird also über die schon sehr ausgebildete Lehre vom prozessualen
Urteil und die weniger ausgebildete Lehre von der Verwaltungsverfügung
eine höhere allgemeine Lehre aufgebaut, die im bürgerlichen Recht des
Rechtsgeschäftes wurzelt und den Handlungen der Gerichte und Verwal-
tungsbehörden, namentlich aber den letzteren angelegt wird.
Ich gestehe, daß ich mit äußerstem Widerstreben, vielleicht „etwas
naiv“! daran gegangen bin, mir das gerichtliche Urteil und andere ge-
richtliche Handlungen und gar die Verwaltungsverfügung als Rechtsge-
schäfte vorzustellen. Der Begriff des Rechtsgeschäftes war mir bisher zu
sehr durch das hinter ihm arbeitende „vermögensrechtliche Interesse“
bestimmt. Den Dienstbefehl des Distriktsschulinspektors an den Lehrer
über irgend eine Frage der Unterrichtsbehandlung als Rechtsgeschäft zu
denken und überhaupt das Verwaltungsgeschäft im technischen Sinn, d. i.
als die amtlich gesetzte Aufgabe, in Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen
zu zerlegen, das wollte und will mir zum Teil noch immer nicht recht ein-
gehen. Aber ich bin eben vom „alten System“ (S. 50) und das wird sich
wohl mit der Zeit vom „neuen System“ (S.51 ff.) überwinden lassen müssen.
Ich halte mir OÖ. MAYErs Lehre vor und werfe einen Seitenblick aufF. FLEI-
NERS neuestes Werk, die Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechtes ;
auch hier werden alte Vorstellungen überwunden.
Man will sich ja gern neue Vorstellungen, selbst wenn sie anfangs
schmerzen, gefallen lassen. Die Sorge aber, es möchte verhütet bleiben, daß
dem Verwaltungsrecht durch die Parallele mit dem Prozeßrecht und durch die
zivilrechtlichen Oberbegriffe Gewalt angetan werde, wird man selbst Einem
vom neuesten System nicht abnehmen dürfen. Es frägt sich daher vor
allem: wird den Handlungen der Verwaltungsbehörden und der Gerichte je
von ihrer eigentümlichen Natur nichts genonimen, wenn sie miteinander in
eine Kategorie gestellt und vom Privatrecht her gemeinsam erklärt werden ?
Hier könnte offenbar viel versündigt werden und ist auch schon viel ver-
sündigt worden. Die Grenzen sind zu hüten, denn die Gebiete sind nun
einmal durch sie getrennt. Es bleibt doch immer wahr, daß die Verwal-
tung etwas ganz anderes tut, als die Justiz, daß sie deshalb auch andere
Mittel hat als jene, andere materielle Pflichten in Anspruch nimmt und
Rechte anerkennt und über andere Formen des Verfahrens verfügt. Es ist
auch etwas Wahres an dem verschiedenen Geist, der im Prozeß und in der
Verwaltung herrscht und herrschen muß. Noch viel mehr gilt das na-
ı Des Epithetons „naiv“ erfreuen sich bei K. nur Bayern. Vgl. S. 36
N. 46 (SEYDEL), S. 345 N. 59 (Pözı).