— 403° —
zende Systematik, leicht verständliche Ausdrucksweise, Herausarbeitung
scharf umrissener Begriffe und ausführliche, dabei aber trotz der Fülle des
Stoffes nicht erdrückende Darstellung des Werdens und Gewordenseins der
einzelnen Rechtsinstitute.
Das Werk zerfällt, sehen wir von der Einleitung (S. 1—78), die einen
Ueberblick über Begriff und Grundlagen des Völkerrechts gibt, sowie der
„geschiedkundig Oververzicht* (S. 79—160), die freilich mehr eine Ge-
schichte der Völkerrechtswissenschaft als des Völkerrechts darstellt,
ab, in zwei Hauptteile. In bewußtem Anschluß an BULMERINCQ hat ihnen
der Verfasser die Ueberschrift „materielles“ (Band 1) und „formelles Recht“
(Band 2) gegeben. Logisch durchaus zutreffend gliedert sich Band 1 in
drei weitere Abschnitte: Subjekte des Völkerrechts (S. 161—321), Objekte
(S. 322—499) und Vertragsrecht (S. 499—556), während Band 2 unter der
Sammelüberschrift „formelles Recht“ in vier Abschnitten die Lehre von
Staatsorganen (S. 1—91), von den Staatsstreitigkeiten (S. 92—179), das
Kriegs- (S. 180—365) und Neutralitätsrecht (S. 366—494) behandelt. Mit
der Subsumtion des letzteren Rechtsinstituts unter den Begriff „formelles
Recht“ vermag ich mich indessen nicht ganz einverstanden zu erklären. Das
Neutralitätsrecht ist zweifellos materieller Natur. Freilich verbot sich seine
Aufnahme in Band 1. Denn es war in der Tat aus logischen Gründen
nicht angängig, die Rechte und Pflichten der Neutralen vor dem Kriegs-
recht zu behandeln. Vielleicht hätte der Verfasser die hier angedeuteten
Bedenken bis zu einem gewissen Grade vermeiden können, wenn er dem
Kriegs- und Neutralitätsrecht eine gemeinsame Ueberschrift gegeben
und dann innerhalb dieses Abschnitts weitere Einteilungen vorge-
nommen hätte, anstatt den drei Unterabteilungen des formellen Rechts das
Neutralitätsrecht selbständig an die Seite zu stellen. Ist somit diese Glie-
derung des zweiten Bandes nicht vollkommen geglückt, so möchte ich
doch um dieses einen Punktes willen keineswegs die Zweiteilung des
Werkes, die eine willkürliche Aneinanderreihung der einzelnen Rechts-
institute vermeidet, missen,
Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, eine detaillierte Inhaltsangabe
zu geben. Vielmehr möchte ich nur auf die Abschnitte hinweisen, die ich
für besonders bedeutsam halte oder mit denen ich mich wegen der in
ihnen ausgesprochenen Auffassung nicht einverstanden erklären kann. Ich
nenne in erster Hinsicht zunächst die scharfe Abgrenzung des Völkerrechts
gegenüber anderen Begriffen, insbesondere der Politik (S. 10 u, 22 ff... Die
Untersuchungen DE LOUTERs im Sinne einer scharfen Herausarbeitung des
Trennenden und Verbindenden zwischen dieser und dem Staatenrecht, die
ihn zu der Annahme von Wechselbeziehungen zwischen beiden Begriffen
führen, sind charakteristisch für die Stellungnahme überhaupt, die er zu
Zweifelsfragen einnimmt, und die ihn fast stets zur Annahme einer mitt-
leren Linie führt.
Archiv des öffentlichen Rechte. XXVIII 213. 27