Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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In Uebereinstimmung mit dem älteren Vertrag und dem deutsch-nieder- 
lüändischen Abkommen wird die Niederlassungsfreiheit weiterhin materiell 
von dem Gehorsam gegen die Gesetze und Polizeiverordnungen des auf- 
nehmenden Staates abhängig gemacht ?!. 
In Art. 2 und 3 der Konvention von 1909 werden sodann die einzelnen 
Gründe angeführt, die jeden Kontrahenten berechtigen, Angehörigen des 
anderen Teiles die Niederlassung oder den Aufenthalt zu versagen??. Wie 
schon im Vertrag von 1890 (Art. 4) und im deutsch-niederländischen, nennt 
das Abkommen als solche Gründe gerichtliches Urteil und Gründe der 
inneren oder äußeren Sicherheit des Staates. Während aber Art. 4 außer- 
dem nur noch eine Versagung „aus Gründen der Armen- und Sittenpolizei“ 
kannte, spricht der neue Art. 2 ganz allgemein von „sonstigen polizeilichen 
Gründen“, insbesondere der Gesundheits-, Sitten- oder Armenpolizei“ °°. 
Ist auch die Hervorhebung der Ab- bezw. Ausweisung aus gesundheitlichen 
Rücksichten zu begrüßen — wobei freilich in praxi eine wesentliche Ein- 
schränkung in der humanen Bestimmung des Art. 6 enthalten ist, der, ent- 
sprechend dem bisherigen Art. 11, den hilfsbedürftigen Angehörigen des 
Kontrahenten unentgeltliche Verpflegung und Krankenfürsorge zusichert, 
bis ihre Rückkehr in die Heimat ohne Nachteil für ihre und anderer Ge- 
sundheit geschehen kann — so scheint prima facie die Einführung einer 
clausula generalis, wie sie in der Zulässigkeit der Aufenthaltsversagung 
„aus polizeilichen Gründen‘ liegt, neben der „heiklen Tatfrage“ * des 
Art. I, ob der Auszuweisende den Gesetzen und Polizeiverordnungen 
zuwiderlebt, nicht unbedenklich und bis zu einem gewissen Grade, da 
wichtigere?’ Fälle meist durch die Bestimmung getroffen werden dürften, 
die eine Landesverweisung aus Gründen der Staatssicherheit zuläßt, über- 
flüssig zu sein. M. E. gewinnt die Generalklausel aber erst im Zusammen- 
halt mit Art. 1 die ihr zukommende Bedeutung. Dadurch wird klargestellt, 
  
2! Sprachlich ist die neue Fassung: „Wenn und solange sie die dortigen 
Gesetze und Polizeiverordnungen befolgen“, besser wie der alte Text: „wenn 
sie nachleben“. 
?® Hierunter fällt Ab- wie Ausweisung. Ueber beider Unterschied s. 
v. OVERBECK, Niederlassungsfreiheit, Anm. 109; STENGEL-FILEISCHMANN, 
Wörterb. d. deutsch. Staats- und Verwaltungsr., I, 1911, S. 280 ff. 
23 Art. 2 des niederl. Vertrags gleicht inhaltlich dem Art. 4 des alten 
Vertrags, enthält jedoch als Neuerung die Hervorhebung der „öffentlichen 
Gesundheit“. 
24 v. OVERBECK, Niederlassungsrecht, S. 59. 
?° Nur solche fallen nach richtiger Meinung unter die in Art. 1 ge- 
nannten Gesetze und Verordnungen (vg. OVERBECK a. a. O., S. 59), eine 
Auffassung, die auch bei der Auslegung der Generalklausel des Art. 2 von 
Bedeutung ist. Wegen Lappalien soll keine Ausweisung erfolgen.
	        
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