Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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daß der dort zugelassenen Aufhebung der Niederlassungs- bezw. Aufent- 
haltsfreiheit keine selbständige Bedeutung zukommt, wie es für den älteren 
Vertrag von 1876 (Art. 7) und von 1890 (Art. 4) und auch für den deutsch- 
niederländischen Vertrag?® behauptet worden ist. Denn einmal sind sach- 
lich Fälle, in denen gegen Gesetze oder Polizeiverordnungen verstoßen 
wird, ohne daß zugleich hierin einer der im neuen Art. 2 genannten Gründe 
in Frage kommen könnte, nicht recht denkbar, sodaß der Nebensatz des 
Art. 1 Abs. 1 wohl mehr im Sinne eines einschränkenden Zusatzes zu der 
prinzipiellen Niederlassungsfreiheit und eines Hinweises auf die näheren 
Ausführungen in den — nunmehr auch im Text unmittelbar ange- 
schlossenen — Art. 2 und 3, die ausdrücklich und, nach Einführung der 
Generalklausel, auch erschöpfend, die Ausweisungsgründe aufzählen, also 
pleonastisch, gewertet werden muß. Ein Gegenargument läßt sich auch 
aus der Fassung des Art. 2 (durch die Bestimmungen des Art. 1 wird nicht 
berührt das Recht jedes vertragsschließenden Teils .) nicht herleiten; 
denn damit sollte nur die Zulässigkeit einer Durchbrechung der Völker- 
rechtsregel des freien Verkehrs zum Ausdruck gebracht werden ?”. Für 
meine Auffassung sprechen aber weiterhin bis zu einem gewissen Grad die 
von der Repatriierung handelnden Art. 7 und 8, in denen nur von einer 
Ausweisung auf Grund von Art. 2 und 3 die Rede ist, wobei allerdings 
nicht verkannt werden soll, daß die Nichterwähnung der Abweisung mangels 
Vorliegens des Heimatscheins (Art. I 2) zu Zweifel Anlaß geben kann. 
Einen weiteren materiellen Ausweisungsgrund statuiert der Vertrag in 
Art. 3, der im wesentlichen # mit Art. 9 des alten Vertrags in Verbindung 
mit Ziff. 5 des Schlußprotokolls übereinstimmt und die Ab- bezw. Ausweisung 
solcher Personen zuläßt, die vor Erfüllung ihrer Militärpflicht die Staats- 
angehörigkeit in dem nunmehr angegangenen Staate aufgegeben und in 
dem anderen erworben haben. Jedoch soll von der Ausübung dieser Be- 
26 Vgl. v. OVERBECK, Niederlassungsfreiheit, 8. 55 ff. und im Archiv 
a. a. O., S. 128; v. ROHLAND, S. 35, Anm. 4. 42, Anm. 1. — Bei ersterem 
auch Wiedergabe der schon unter dem Vertrag von 1876 im Ergebnis 
mit uns übereinstimmenden Auffassung der ständerätlichen Kommission im 
Falle Morat. 
27 Vgl. Mooke, Digest of International law IV, 1906, p. 67 (8 550) über 
die völkerrechtliche Zulässigkeit einer Abbeugung des Prinzips der Nieder- 
lassungsfreiheit. 
28 Eine gewisse Verschärfung liegt darin, daß der alte Vertrag nur die 
Niederlassung oder den „bleibenden“ Aufenthalt untersagte, im neuen 
Abkommen aber das Adjectivum weggelassen worden ist. 
22 Jebereinstimmend Art. 3 Abs. 1 des niederländ. Vertrags. In ihm 
findet sich aber (Abs. 2) ein weiterer Ausweisungsgrund, da jeder Teil sich 
das Recht vorbehalten hat, solchen Angehörigen des anderen Teils die
	        
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