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schlägigen Literatur bedeutet Die Zusammenstellung der bestehenden
Meinungen ist übersichtlich und orientierend. Insbesondere hat uns die
Sonderstellung der Festung Mainz interessiert, die einer besonderen, viel-
leicht noch etwas gründlicheren Betrachtung wert gewesen wäre.
Eine etwas erhebliche unrichtige Auffassung fanden wir S. 43, wo der
Verfasser die Meinung vertritt — und, wie es scheint, auch LABAND diese
Ansicht fälschlicherweise supponiert — daß die militärischen Hoheitsrechte
der Einzelstaaten nicht auf einer Teilung der Kompetenz-Kompetenz
und somit der Souveränität zwischen Reich und Einzelstaaten zurück-
zuführen seien, sondern auf Duldung seitens der souveränen Reichsgewalt
beruhten. Diese Gleichstellung der Kompetenz-Kompetenz mit der Sou-
veränität ist irrig. Die Existenz der ersteren ist lediglich ein Beweis für
die Souveränität. Der Verfasser scheint aber beides für identische Begriffe
zu halten, wie er ja auch unter Hinweis anf Art. 73 RV. glaubt, daß alle
Gebiete, also auch die Militärhoheitsrechte infolge der Kompetenz-Kompe-
tenz zur Kompetenz des Reiches gehören. Das ist falsch, oder man mußte,
wie die Schule Zorns, einen Uebergang der gesamten Staatskompetenzen
auf das Reich durch die Gründung desselben annehmen. Das tut der
Verfasser jedoch nicht, da er in anderem Zusammenhang den Einzelstaaten
Staatscharakter zugesteht.
Cöln. Otto Nelte.
A. Scheibke, Die Frist für Sanktion und Publikationvon
Gesetzen. Tübingen J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909. Bd. VI
Heft 4 der Abhandlungen aus dem Staats-, Verwaltungs- und Völker-
recht von ZORN und STIER-SOMLO. M. 4.—.
Der Verfasser knüpft an die im Jahre 1904 hoch aktuelle Frage an,
ob es rechtlich zu rechtfertigen sei, daß der im Jahre 1899 auf Grund eines
Initiativantrages vom Reichstag gefaßte Beschluß betr. die Aufhebung des
$ 2 des Jesuitengesetzes erst nach 5 Jahren durch die Sanktion zum Ge-
setz erhoben wurde.
Was die Anlage der Arbeit in formeller Hinsicht anlangt, so erscheint
mir die Teilung in drei Abschnitte in der geschehenen Form nicht glück-
lich. Die Aufzählung der außerdeutschen auf diese Frage bezüglichen Vor-
schriften, sowie die Bestimmungen deutscher Einzelstaaten ist gewiß be-
deutsam für die Beurteilung dieser Frage, wirkt aber auf den Leser, der
noch nicht in medias res geführt ist, ermüdend und verwirrend. Ein
derartiger Teil kann nur als Anhang oder durch gelegentliche Verflechtung
in den Tatbestand, diesen illustrierend, seine beabsichtigte Wirkung haben.
Ebenso unglücklich war es, in einem besonderen dritten Teil, nach
Durchführung des Problems, die auf die Frage bezüglichen Lehrmeinungen
anzuführen. Ein solcher status controversiae kann nur für das Verständnis
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVIII 2/8.