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Staates und weiterhin als limite de la puissance publique bezeichnet
ist er sich völlig klar darüber, daß bei .dieser Auffassung eine be-
friedigende Erklärung des Kondominiums und der Gebietszession
schlechthin unmöglich ist. Mit vollem Recht bezeichnet er es
als eine „pure subtilite“!*, wenn einzelne Staatsrechtslehrer den
zedierenden Staat im Augenblick der Zession untergehen und mit
vermindertem Territorium wieder aufleben lassen oder wenn an-
dere das Vorhandensein einer wirklichen Zession leugnen und
behaupten, daß der Zedent einfach auf die Ausübung seiner
Herrschaft über einen Teil seines Territoriums verzichte und
der herrnlos gewordene Gebietsteil sich nunmehr dem erwer-
benden Staate anschließen könne. Auch von JELLINEKs Lehre,
daß der Gegenstand der Zession ausschließlich das Imperium
sei, sagt DusuIT: „Cela n’explique rien du tout“ !”, Ich selbst
habe darauf hingewiesen, daß diese Konstruktion bei der Zes-
sion unbewohnter oder von der Bevölkerung geräumter Gebiets-
teile schlechthin versagt, in vielen andern Fällen aber der Wil-
lensmeinung der Vertragsparteien Gewalt antut. Statt nun aber
aus dieser Unmöglichkeit einer befriedigenden Erklärung der
Gebietszession auf die Unrichtigkeit der FRICKERschen Theorie
zu schließen, behauptet DuauIt, daß die Gebietszession ein Re-
siduum der patrimonialen Staatsauffassung sei”. Es ist wohl
die Vermutung erlaubt, daß es ihm als Franzosen Befriedigung
gewährt, in Deutschland eine Theorie als communis opinio vor-
zufinden, nach der sich die Zession Elsaß-Lothringens ent-
weder als Rückfall in eine längst überwundene Staatsauffassung
oder als — logische Unmöglichkeit darstellt.
Auch unter den italienischen Juristen fehlt es nicht an An-
hängern FRICKERs, die seiner Lehre nur mit Vorbehalt beige-
treten sind. SAnTIı ROMANO! erklärt mit FRICKER, daß das Ge-
18 2.2. O. S. 102. 17 Ebendort. 18 Ebendort.
19 Archivio del diritto publico e dell’ amministrazione italiana febbraio
1902 fasc I. S. 114 Ef.