— 465 —
Aber so wie das Herrschaftsrecht über die Untertanen eine Ana-
logie findet an den familienrechtlichen Gewaltverhältnissen, so
die Gebietshoheit am sachenrechtlichen Eigentum.
Trotz der großen dialektischen Gewandtheit, die in diesen
Ausführungen LABANDs steckt, ist doch der sie durchziehende
Widerspruch nicht zu verkennen. Im Anfang heißt es: „die
Grebietshoheit ist die Staatsgewalt selbst“; das ist ganz im Sinne
FRICKERs gesprochen, dessen Anhänger zum Teil die Gebiets-
hoheit eben wegen ihrer vermeintlichen Identität mit der Staats-
gewalt für einen ganz überflüssigen Begriff erklären oder von
einer „sogenannten“ Gebietshoheit sprechen zu dürfen glauben.
Weiterhin wird jedoch die Gebietshoheit von LABAND ein selb-
ständiges, von der Herrschaft über die Untertanen verschiedenes
Recht des Staates genannt. Wie kann aber der Staat außer
dem Inbegriff seiner Rechte, der eben die Staatsgewalt ausmacht
und mit der Gebietshoheit identisch sein soll, noch ein weiteres
Recht haben, das ebenfalls den Namen Gebietshoheit führt?
Der hauptsächlichste Irrtum dieser Ausführungen liegt aber
darin, daß dem Grundeigentum — wohlgemerkt dem heutigen
und nicht etwa dem des Feudalstaates — eine Raumfunktion
vindiziert wird, in der eben seine Analogie mit der Gebietshoheit
hauptsächlich bestehen soll. Denn fragt man, womit der Grund-
eigentümer als solcher innerhalb der räumlichen Grenzen des
Grundeigentums „schalten und walten“ und „ausschließlich tun
darf, was ihm beliebt“, so kann doch die Antwort nur lauten:
mit dem Grund und Boden selbst und nicht etwa mit den Per-
sonen, die sich darauf befinden! Der einzige Befehl, den der
Grrundeigentümmer als solcher einer Person erteilen kann, ist der
Befehl, sich von seinem Grundstück zu entfernen, falls sie sich
gegen seinen Willen darauf befinden sollte — wobei es freilich
recht zweifelhaft ist, ob man eine solche Willenserklärung, wenn
sie an eine Person gerichtet ist, die in keinem Dienstverhältnis
zum Grundeigentümer steht, überhaupt einen Befehl nennen
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVIII 4. 3l