Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Die Redefreiheit der Abgeordneten nach 
russischem Recht. 
Von 
Dr. LEO CHALLANDES, Professor in Jurjew (Dorpat). 
Art. 14 des Örganisationsgesetzes der Reichsduma lautet: 
„Die Mitglieder der Reichsduma genießen völlige Freiheit der Ur- 
teils- und Meinungsäußerung in den der Kompetenz der Reichsduma 
unterstehenden Angelegenheiten und sind ihren Wählern gegenüber 
nicht zur Rechenschaftslegung verpflichtet.‘ 
Dasselbe gilt auch für die gewählten Mitglieder des Reichs- 
rates. Laut Art. 26 des Organisationsgesetzes des Reichsrates 
unterliegen sie 
„hinsichtlich der Freiheit der Urteils- und Meinungsäußerung in den 
der Kompetenz des Reichsrates unterstehenden Angelegenheiten den 
betreffenden Bestimmungen, welche für die Mitglieder der Reichsduma 
gelten.“ 
Endlich bestimmt noch Art. 5 desselben Statutes: 
„Der Reichsrat genießt in den ihm vorgelegten Angelegenheiten 
völlige Freiheit der Meinungsäußerung.“ 
Auf den ersten Blick sollte man meinen, wäre das Institut 
der Redefreiheit der Volksvertreter vom Gesetzgeber besonders 
sorgfältig sichergestellt. Die „Vollkommenheit“ dieser Freiheit 
wird speziell betont und hinsichtlich der oberen Kammer sogar 
zwiefach erwähnt. Ganz natürlich entsteht da die Vermutung, 
daß mit Einführung einer repräsentativen Staatsform nach west- 
europäischen Mustern den Mitgliedern der gesetzgebenden Kör- 
perschaften in Rußland auch dieselben Vorrechte verlieben wor- 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVIII 4. 39
	        
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