Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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wöhnliche Privilegium — die Redefreiheit — im russischen Recht 
Anerkennung findet. 
Andererseits — und dieses ist das wichtigste — wenn Art. 14 
die Unverantwortlichkeit der Abgeordneten, im technischen Sinne, 
nicht legalisiert, so entbehrt er jeglichen Inhaltes 
und stellt nur eine leere rethorische Wendung vor. In der Tat, 
es sind nur zwei Alternativen möglich. Entweder entspricht „die 
völlige Freiheit der Urteils- und Meinungsäußerung“ der Mit- 
glieder der Reichsduma der Freiheit des Wortes, wie sie den 
Mitgliedern des Reichsrates vor dessen Reformierung zukam: in 
diesem Falle ist sie gleich Null, da Volksvertreter keinerlei Dis- 
ziplinargewalt, außer derjenigen der Kammer und ihres Vor- 
sitzenden, unterstehen. Weder ihre Reden noch ihre Handlungen, 
falls dieselben nur keine Elemente krimineller Rechtsverletzungen 
enthalten, können für sie irgendwelche ungünstige Folgen haben ®®°, 
Ihre Reden können nicht anders als frei, im erwähnten Sinne, 
sein, da es keine Gewalt gibt, der sie Rechenschaft in ihren 
Handlungen abzulegen und von der sie Vorschriften zu empfan- 
gen hätten. 
Wenn dem also ist, so gelangen wir notwendigerweise zur 
zweiten Alternative und müssen anerkennen, daß die Redefrei- 
heit der Abgeordneten Straflosigkeit für mit Worten begangene 
Delikte bedeutet. Wir können uns unmöglich mit v. RaıIson’s 
Ansicht einverstanden erklären, daß der Art. 14 ein Mittelding 
zwischen Unverantwortlichkeit und derem Gegenteil legalisiert. 
„Ich will damit nicht behaupten, schreibt Verfasser, daß die 
Bestimmung des Art. 34 des Statutes des Reichsrates von 1901 
bei ihrer Aufnahme in die ÖOrganisationsgesetze der Reichs- 
duma und des reformierten Reichsrates ihre frühere Bedeu- 
tung absolut in allem beibehalten hat. Zweifelsohne hat eine 
gewisse Modifikation stattgefunden, hervorgerufen durch die ver- 
30 Es versteht sich von selbst, daß wir ausschließlich rechtliche 
Folgen im Auge haben.
	        
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