Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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sondern in seiner allgemeingebräuchlichen Bedeutung benutzt ist, 
so muß daraus notwendigerweise der Schluß gezogen werden 
daß der Art. 22 tatsächlich das Institut der Unverantwortlich- 
keit kategorisch verneint. Bei der Ausübung ihrer Pflichten be- 
finden sich Abgeordnete dann, wenn sie an den Sitzungen der 
Kammern teilnehmen, Reden halten, Meinungen und Ansichten 
äußern, votieren usw. Wenn für Verbrechen, die dabei von ihnen 
begangen werden — hauptsächlich werden das natürlich Wort- 
delikte sein — eine besondere Ordnung des Zurverantwortung 
ziehen festgesetzt ist, so ist es klar, daß das Immunitätsprinzip 
sich nicht auf dergleichen Delikte erstreckt. Auf diesem Stand- 
punkte stehen auch diejenigen Autoren, welche es nicht für mög- 
lich erachten, in dem Art. 14 eine Sanktionierung der Unver- 
antwortlichkeit zu sehen °%. 
Unsere Aufgabe ist es nun, den wahren Sinn des Ausdrucks 
„bei der Ausübung oder aus Anlaß der Ausübung von Pflichten“ 
festzustellen und genau zu bestimmen, speziell welche verbreche- 
rische Handlungen der Gesetzgeber im gegebenen Falle im Auge 
hatte. 
Zunächst müssen wir bemerken, dab die Bestimmung des 
Art. 22 wörtlich im $S 4 des Art. 68 des Ürganisationsgesetzes 
des Reichsrates wiederholt ist, in welchem die der Kompetenz 
des Ersten Departements des Reichsrates unterstehenden Ange- 
legenheiten aufgezählt werden. Hierher gehören: „Angelegen- 
heiten, welche die Verantwortlichkeit für verbrecherische Hand- 
lungen betreffen, die von den Mitgliedern des Reichsrates oder 
der Reichsduma anläßlich der Ausübung ihres Berufes begangen 
worden sind, und die Angelegenheiten, welche die Amtsvergehen 
des Vorsitzenden des Ministerrates, der Minister, der Hauptchefs 
der besonderen Verwaltungen, der Statthalter und Generalgou- 
verneure, sowie die Vorgerichtstellung der übrigen höheren Staats- 
32 Siehe oben.
	        
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