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Gerichtsinstanzen. Hierbei macht es keinen Unterschied aus,
ob ein Urteil oder eine Meinung im Plenum oder in einer
Kommissions- oder Fraktionssitzung usw. geäußert wird. Wichtig
ist nur, daß die Tätigkeit des Abgeordneten einen offiziellen,
nicht aber einen privaten Charakter trägt. Deshalb erstreckt
sich die Immunität nicht auf jegliche Art Privatgespräche und
Streitigkeiten zwischen Abgeordneten, welche in den Couloirs
oder anderswo stattfinden.
Die Subjekte dieses Vorrechtes sind die Mitglieder der
Reichsduma und die gewählten, nicht aber die ernannten Mit-
glieder des Reichsrates. Die letzteren haben ihre frühere Stel-
lung behalten als Beamte, die in den Reichsrat nach unmittel-
barem Ermessen des Kaisers berufen werden, von dem auch die
Dienstentlassung abhängt. Ihre rechtliche Stellung unterscheidet
sich daher auch von Grund aus von der Position der übrigen
Mitglieder des Reichsrates.. Während die letzteren in ihren
Rechten den Mitgliedern der Reichsduma völlig gleichgestellt
sind, dieselbe Immunität, Mandatsfreiheit usw. genießen, sind
die ernannten Mitglieder des Reichsrates das geblieben, was sie
auch vordem waren, — Amtspersonen, welche eine bestimmte
Rangklasse einnehmen und in unmittelbarer Abhängigkeit vom
Monarchen stehen. Die ihnen gewährte Freiheit des Wortes
hat auch jetzt noch eine bedingte Bedeutung; ebensowenig wie
vor der Staatsreform kommt Unverantwortlichkeit ihnen zu. Das
besagt kategorisch der Art. 26 des ÖOrganisationsgesetzes des
Reichsrates, welcher hinsichtlich der Freiheit des Wortes nur
die gewählten Mitglieder den Mitgliedern der Reichsduma
gleichstellt.
Für Personen, welche dieses Privilegium besitzen, resultiert
daraus nicht bloß kriminelle, sondern auch disziplinarische und
zivilrechtliche Unverantwortlichkeit. Hieraus folgt, daß wenn
ein Abgeordneter im Dienste steht, was nicht nur bei Mit-
gliedern des Reichsrates, sondern auch der Reichsduma möglich