Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

— 550 — 
bisher mit diesem Vertrage befaßt hat. Die praktische Bedeu- 
tung der Frage erhellt daraus, daß der Sudan vor dem Aufstand 
des Mahdi an Bevölkerungszahl dem übrigen Aegypten etwa 
gleichkam*, daß er ungeheure zu großem Teil fruchtbare und 
anbaufähige Gebiete umfaßt, die sich heute auch wirklich inten- 
siv kulturell und wirtschaftlich entwickeln, und dab dieses ganze 
Territorium den in Aegypten wohlbewährten und trotz aller 
englischen Klagen fest eingewurzelten internationalen (erichts- 
behörden entzogen sein soll. 
Es wird darauf ankommen, zu erörtern, ob der fragliche 
Staatsvertrag nicht auch anders hätte ausgelegt werden können 
als es geschehen ist, und ob dieser Vertrag nach dem ägypti- 
schen Staatsrecht überhaupt gültig ist; weiter, ob die Entschei- 
dung des angerufenen Gerichtes eine solche Bedeutung hat, daß 
sie eine abweichende, auf ausgedehntere Geltung der internatio- 
nalen Gerichte Aegytens gerichtete Praxis in Zukunft ausschließt 
und ob sich aus der Entscheidung Normen für die Beurteilung 
der Kompetenzen der Konsuln fremder Staaten in Kairo ent- 
nehmen lassen; endlich muß sich die Frage aufdrängen, ob aus 
der eigentümlichen Auffassung des Souveränitätsbegrifis, die das 
Urteil enthält, etwa entnehmen läßt, daß dieser Begriff durch 
die Praxis des modernen Staatsrechts eine Wandlung erfah- 
ren hat. 
Allen diesen Erörterungen lasse ich eine kurzen Ueberblick 
über die materiellen Grundlagen vorausgehen, die dem Gericht 
dazu dienten, die Vorentscheidung zu treffen, daß bis zum Jahre 
1899 die internationalen Gerichte Aegyptens auch für das Ge- 
biet des ägyptischen Sudan bestellt waren. 
* Die Bevölkerungszahl Aegyptens hat sich seitdem stark vermehrt. 
während die Einwohnerschaft des Sudan unter der Mahdiwirtschaft von 
etwa 8,5 auf etwa 1,75 Millionen Einwohner zurückgegangen ist. Man hat 
berechnet, daß dort während dieser Zeit nicht viel weniger als 4 Millionen 
Menschen verhungert, 3 Millionen umgebracht worden sind.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.