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dieser Vertrag von Aegypten überhaupt geschlossen werden
konnte und von keiner Seite angefochten worden ist, wiederum
ein starkes Argument für die Stellung Aegyptens als eines Staats-
gebildes, das selbständig Krieg führen, Frieden schließen und
völkerrechtlich als Persönlichkeit auftreten kann. Weder die
Türkei, die noch Italien gegenüber bei der Besetzung von Massaua
durch die Italiener ihre Souveränität proklamiert hatte, noch
irgend eine der Mächte, die an der Einrichtung und Aufrecht-
erhaltung der internationalen Gerichtsbarkeit in Aegypten be-
teiligt sind, hat gegen den englisch-ägyptischen Vertrag von 1899
opponiert. Daß die Türkei, die Aegyptens auswärtige Vertretung
bis heute versieht, fremdländischen Konsuln in Aesypten Exequatur
heute noch auch für die Sudanprovinzen erteilt, fällt demgegen-
über nicht ins Gewicht, sondern stellt auch nur einen nach
spezifisch türkischen, nicht nach unseren Rechtsanschauungen zu
wertenden Formalismus dar. Wollte man aber deduzieren, daß
die Türkei, weil ihr der fragliche Vertrag, soweit bekannt, nie-
mals notifiziert worden ist, berechtigt sei, ihn vor der Hand zu
ignorieren, so wäre das vollends Hineintragen eines scholastisch-
sophistischen Gesichtspunktes in unser vom modernen ÖOeffent-
lichkeitsgeist geleitetes internationales Leben.
Ich denke, ein unbefangener Beobachter wird nicht zweifeln
können, daß Aegypten .heute der Türkei gegenüber faktisch in
der Lage eines unabhängigen, nur völkerrechtlich vielfach liierten
Staates ist.
Unter dieser Voraussetzung ergibt es sich von selbst, daß
Literatur, soweit sie sich damit beschäftigt. Vgl. Strurr a. a. 0.1, S. 227
und die dort Anm. 1 zitierte Literatur. Ausweichend LAMBA a. a. 0.8.59,
Anm. 1. LAMBA erkennt an, daß der Sudan seit 1899 einen gesonderten
Staat bildet (Depuis lors, le Soudan forme, en effet, un Etat sous la double
souverainete de l’Angleterre et de l’Egypte), erklärt aber trotzdem den
Vertrag für ungültig! Für die Gültigkeit: mein Staatsrecht Aegyptens,
1911, S. 34. Ferner überwiegend die politische Literatur. Vgl. z. B. Cro-
MER, Modern Egypt, 1907, II, S. 544ff.