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tiale aller Fragen, die nicht objektiv rechtlich, sondern politisch
behandelt werden müssen. Aus der grundsätzlichen Verschie-
denheit der Prämissen, von denen Politik und objektives Recht
ausgehen, aus der Verschiedenheit der Prinzipien, die für beide
Gebiete die Richtschnur bilden müssen, andererseits aber aus
der Gleichheit der Objekte, die Politik und Staatsrecht zum
Gegenstand haben, ergibt sich, daß jedes politisch tangierte Ge-
bilde nie oder nur äußerst selten unter bestehende Begriffe sub-
sumiert werden darf. Bei der Betrachtung solcher Fragen de-
duktiv vorzugehen, wäre ein logischer Fehler. Ebenso wie es
ein politischer Fehler wäre, das zu schaffende Gebilde daraufhin
zu prüfen, ob es sich auch unter hergebrachte Begriffe subsu-
mieren ließe. Daher sind alle Vorwürfe, die gegen die Reichs-
regierung und den zum Gesetz erhobenen Entwurf gerichtet sind,
hinfällig, soweit sie in dieser oder jener Elsaß-Lothringen ge-
währten Einrichtung eine „Inkongruenz“ in Bezug auf die bun-
desstaatliche Natur des Reiches sehen wollen®.
So müssen wir bei der Betrachtung der durch das neue
Gesetz geschaffenen Veränderungen ausgehen von der sympto-
matischen Bedeutung derselben. Läßt sich hieraus eine Sub-
sumierung unter schon existente Begriffe herleiten, so bedarf es
keiner weiteren Erörterung, anderenfalls aber muß die Summe
der Symptome als Zeichen eines neuen, eigenartigen staatsrecht-
lichen Gebildes erscheinen. Von diesem Gesichtspunkt aus habe
ich Elsaß-Lothringen auch schon in meinem Aufsatz * betrachtet
und die bestehenden Subsumtionsversuche verurteilt. Allerdings
muß man dabei im Auge behalten, daß schon die Wertung der
als Symptome bezeichneten Einrichtungen verschieden sein kann,
woraus sich die Divergenzen bei der Subsumtion ergeben.
Die Bedeutung der elsaß-lothringischen Frage beruhte darin,
daß ein Teil des deutschen Volkes seine Interessen nicht selbst-
® Sten. Ber. der Reichstagssitzung vom 23. Mai 1981 S. 7039.
+8. Anm. 2.