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Metz, Mülhausen und Kolmar, durch den Landwirtschaftsrat und durch die
Handwerkskammern.
Der vielgestaltige Inhalt des Verfassungsgesetzes, das sich mit der
Vertretung Elsaß-Lothringens im Bundesrat, mit der staatsrechtlichen Stel-
lung des Kaisers, Statthalters und Staatssekretärs, mit der Bildung der
ersten Kammer, mit der Landesgesetzgebung, mit der Eisenbahnhoheit, mit
der amtlichen Geschäftssprache der Behörden und Öffentlichen Körper-
schaften und der Unterrichtssprache in den Schulen u. a. m. befaßt, weist
dem Kommentator die Lösung einer großen Reihe ebenso interessanter wie
schwieriger Probleme zu. Denn wenn auch durch die teilweise Neugestal-
tung der staatsrechtlichen Verhältnisse des Landes manche Anomalie be-
seitigt ist, so ist die Streitaxt doch keineswegs begraben.
Die grundlegende Frage, ob Elsaß-Lothringen durch die Verfassungs-
reform Bundesstaat geworden, oder ob es Reichsland geblieben ist, beant-
wortet Schulze vollkommen zutreffend durch Bejahung der zweiten Al-
ternative (S. 13, 63, 107). Bedauerlicherweise unterläßt er aber, abgesehen
von einigen verstreuten Bemerkungen erschöpfend den Begriff des Reichs-
landes oder die staatsrechtlichen Unterschiede zu erörtern, die auch in Zu-
kunft noch zwischen Elsaß-Lothringen und den Bundesstaaten bestehen.
Nicht nur politisch, sondern auch juristisch am interessantesten ist Ar-
tikel I, der die Vertretung im Bundesrat regelt. Er birgt im Zusammen-
hange mit Artikel II, $ 2 Abs. 3 („Der Statthalter ernennt und instruiert
die Bevollmächtigten zum Bundesrat“) eine Fundgrube schwierigster Fra-
gen in sich. Hier hätten die Bemerkungen Schulzes wohl ausführlicher sein
können. Man vergleiche dagegen die meisterhaften Ausführungen Labands
(Staatsrecht. Fünfte Auflage. Bd. II, $ 67a). Uebrigens kann die Behaup-
tung Schulzes, Elsaß-Lothringen habe „Mitgliedsrechte‘“, leicht irreführen.
Sie ist richtig, wenn man sich bewußt bleibt, daß die „Mitgliedsrechte“
Elsaß-Lothringens sich recht erheblich von den Mitgliedsrechten der Bun-
desstaaten unterscheiden.
Wie in allen Kommentaren, die fast gleichzeitig mit dem Gesetz selbst
erscheinen, ist der Regel nach nur zu den Fragen Stellung genommen, die
bereits in den Materialien aufgeworfen und zum großen Teil auch beant-
wortet werden. Schulze hätte leicht mehr bringen können, wenn er auf
gleichlautende oder ähnliche Bestimmungen anderer Verfassungen nicht nur
verwiesen, sondern auch ihre Auslegung zu der Interpretation des elsaß-
lothringischen Rechtes verwendet hätte.
Trotz dieser Anstände ist der Kommentar, dessen hervorstechendste
Eigenschaften Prägnanz und Klarheit sind, eine Bereicherung der staats-
rechtlichen Litteratur des Reichslandes und kann als zuverlässiger Führer
durch die Gesetze nicht warm genug empfohlen werden.
Berlin, Dr. E Bruck,