Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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fährt z. B. nichts davon, daß das Fortbildungsschulwesen, von dem G. MEYER 
freilich noch nicht viel sagen konnte, inzwischen ein besonderer, für die 
ganze Entwicklung unseres Volkslebens hochbedeutsamer Verwaltungszweig 
geworden ist, auf dem die verschiedensten gesetzlichen Neuregelungen 
stattgefunden haben; er erfährt nichts vom Mittelschulwesen; nichts davon, 
daß es auch neuere Kodifikationen über höheres Unterrichtswesen gibt. 
Auch neuere organisatorische Einrichtungen, wie das preußische Landes- 
gewerbeamt mit dem gewerblichen Beirat, der Bergausschuß, wären wohlkaum 
unberücksichtigt geblieben, wenn der Bearbeiter der Neuauflage die bezüg- 
lichen Gesetze selbst eingesehen hätte. Das Verwaltungsrecht ist in viel 
zu ungleichem Maß Gegenstand literarischer Behandlung geworden, als daß 
man aus den literarischen Hilfsmitteln allein ein richtiges Bild von dem 
geltenden Recht gewinnen könnte. Freilich genügt dazu auch nicht die 
Einsicht der Gesetze allein. Es ist weiter dazu erforderlich eine Anschau- 
ung der Verwaltung selbst, wie sie G. MEYER aus seiner vielfachen prak- 
tischen Betätigung im politischen Leben hatte. Erst aus solcher Anschau- 
ung heraus kann man auch das richtige Augenmaß für die Auswahl aus der 
Fülle der rechtlichen Bestimmungen finden, die selbstverständlich in einem 
Lehrbuch nicht in allen Einzelheiten vorgetragen werden können. Es 
kommt besonders bei sogenannten Reformgesetzgebungen vor, daß in den 
Vordergrund gerückte Aufgaben auf dem Papier stehen bleiben, scheinbar 
beiläufige Kompetenzbestimmungen aber in der Praxis zu bedeutsamen 
Entwicklungen führen. So muß m. E. in einem Lehrbuch z. B. auf die 
große schaffende Tätigkeit der Versicherungskörper, die auf dem Wege 
sind, sich zu Verwaltungskörpern für soziale Wohlfahrtspflege überhaupt 
auszuwachsen, besonders hingewiesen werden; auch die Neuauflage erwähnt 
z. B. die Knappschaften, deren Tätigkeit eine ganz gewaltige Ausdeh- 
nung gewonnen hat und sich mit den verschiedensten Verwaltungszweigen 
berührt, nur in einem kurzen Satz, der nichts davon erkennen läßt; hoffent- 
lich wird hier wenigstens in dem Nachtrag, der für das Versicherungsrecht 
in Aussicht gestellt ist, das Erforderliche noch nachgeholt. 
Leider ist auch noch in einer anderen Beziehung die ganze Anlage des 
Meyer’schen Lehrbuchs verändert. G. MEYER leitete jeden selbständigen 
Abschnitt des Verwaltungsrechts, z. B. über das Heimats- und Nieder- 
lassungsrecht, das Schulrecht, das Grundbesitzrecht, das Wasserrecht, Ge- 
werberecht usw. mit einer Uebersicht über die geschichtliche Entwicklung 
des betreffenden Rechtszustandes ein. DocHow hat alle diese Abschnitte 
gestrichen und nur hie und da einmal eine geschichtliche Bemerkung in den 
Anmerkungen stehen lassen. Das ist ein Punkt, der gerade gegenwärtig 
besonders zur Erörterung gezogen werden muß, denn es besteht in weiten 
Kreisen eine gewisse Abneigung gegen den rechtsgeschichtlichen Unter- 
richt und es ist eine Strömung, denselben einzuschränken, um so beach- 
tenswerter, als sie sich verbindet mit den auf Herbeiführung einer zeitgemäßen
	        
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