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eine Erhebung zum gleichberechtigten Faktor, zum Bundesrat
angesehen werden. Daß eine solche Konsequenz nicht einwands-
frei ist, zeigen die mannigfachen Klauseln, mit denen die Ver-
leihung versehen ist.
Daß man auf der Regierungsseite in der Verleihung der
Bundesratsstimmen nicht die Erhebung zum Bundesstaat erblickte,
zeigt sich in der Bekämpfung des Antrags, der lautete:
„Elsaß-Lothringen bildet einen selbständigen Bundesrat des
Deutschen Reiches“ ?,
Und diese Absicht soll auch durch die Fassung des Art. 1
Abs. 4 (Elsaß-Lothringen gilt... .) zum Ausdruck gebracht
werden. Jedoch kann die dem Gesetz zugrunde liegende Absicht,
Elsaß-Lothringen nur die fiktive Stellung eines Bundesstaates zu
geben, nicht ausschlaggebend sein für den wirklichen rechtlichen
Charakter. Ebensowenig wie eine — selbst authentische — Inter-
pretation Beachtung beanspruchen kann, wenn die Begriffe klar
liegen. Bedeutsam ist immerhin schon, daß der Art. 1 Abs. 4
lautet: „Elsaß-Lothringen gilt... “ und nicht wie der Art. 5 des
EG.BGB.: Das Reichsland Elsaß-Lothringen gilt... .
Wir wollen aus dieser Formulierung weder Schlüsse in dem
einen, noch in dem anderen Sinne ziehen. Um klar zu sehen,
ist erforderlich, diejenigen Tatsachen festzustellen, die im Ver-
hältnis zum bisherigen Stand der Dinge als Nova aufzufassen sind,
und diese auf ihre symptomatische Bedeutung für die rechtliche
Qualifikation Elsaß-Lothringens zu prüfen.
Inwiefern die Verleihung der Bundesratsstimmen in Wider-
spruch zur geschichtlichen Entwicklung stehen soll, ist nicht er-
findlich®. Wenn man, wie fast allgemein anerkannt, annimmt,
daß die elsaß-lothringische Regelung vom Jahre 1873 und 1879
’ Vgl. Bericht der 21. Kommission. Drucksachen des Reichstags Nr. 1032
8. 4.
® Wie der Abg. Dr. Wagner in seiner Rede im Reichstag behauptete.
S. stenogr. Berichte $. 7036 182. Sitzung der II. Session in der 12. Legis-
laturperiode.
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