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Die Reformvorschläge des Verf. schließen sich zum großen Teil den
Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes und der neueren Beamtengesetze
Bayerns und Badens an. Sie sind überall vorsichtig und sachlich begründet,
rühren nicht unnötig am Bewährten und verdienen fast durchweg Billigung.
In minder wichtigen Einzelheiten bleiben Zweifel zulässig. Z. B. darüber,
ob die Arreststrafe auch für die Unterbeamten der militärisch organisierten
Exekutivpolizei entbehrt werden kann; dienstliche Gründe erfordern es,
daß von ihnen allezeit prompter Gehorsam erzwungen werden kann,
was schwerlich ohne Arreststrafe möglich ist. Uebertrieben ist wohl auch
das Verlangen, daß der Untersuchungskommissar stets ein ordentlicher
Richter sei; der Verwaltungsbeamte wird als Untersuchungskommissar einen
Mangel an formal-juristischer Schulung häufig durch die besondere Kennt-
nis der Ressortverhältnisse ersetzen. Von dem Erfordernis der Unmittel-
barkeit der Hauptverhandlung müssen jedenfalls — schon mit Rücksicht
auf die Kostenfrage — weite Ausnahmen zugelassen werden. In den
Hauptfragen der Organisation der Disziplinargerichte und ihres Verfahrens
wird die künftige Reform sich zweifellos in den vom Verf. gewünschten
Richtungen bewegen müssen. Frormann.
Dr. Erich Schlesinger, Großh. Amtsassessor und kommissar. Obervorsteher,
Staats- und Verwaltungsrecht des Großherzogtums
Mecklenburg-Schwerin. Berlin, Wilhelm Süsserott. 1909.
441 8.
Der Verf. bezeichnet sein Werk als den Versuch einer Darstellung des
mecklenburgisch-schwerinschen Staats- und Verwaltungsrechts in einer auch
dem gebildeten Nichtjuristen verständlichen Form. Der Versuch
ist ihm gut gelungen. Das Buch gibt ein anschauliches und treffendes
Bild der jeden Fernstehenden so eigenartig anmutenden staats- und ver-
waltungsrechtlichen Verhältnisse der mecklenburgisch-schwerinschen stän-
dischen Monarchie: wo das öffentliche Recht dem privaten noch so mittel-
alterlich nahe steht, wo der Landesherr mit den Ständen Verträge über die
Gesetzgebung schließt und über die Handhabung seines gesetzgeberischen
Rechtes im Wege schiedsgerichtlicher Klage von den Ständen bei Verletzung
ihrer vertraglichen Rechte belangt werden kann; wo die wichtigsten
öffentlichen Rechte am Grund und Boden haften, aber neben dem Landes-
herrn, den Rittern und den Städten keine rechten Grundeigentümer im
Lande vorhanden sind; wo der Landtag weder eine Beschlußfähigkeitsziffer
noch eine Geschäfts- oder Tagesordnung kennt und kein Landstand als
rechtlich verpflichtet gilt, seine Sonderinteressen dem Allgemeinwohl unter-
zuordnen; wo die Angehörigen der Domanialgemeinden (?/s des Staatsgebiets
sind landesherrliches Domanium) in jeder staatsrechtlichen Beziehung durch
den Landesherrn vertreten werden, zwei kleine Seestädte aber für das