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Die BP. erstreckt sich örtlich auf das Bahngebiet, d. h. den gesamten
dem Transportgeschäft der Eisenbahnen dienenden Teil ihrer Anlagen, sach-
lich auf alle Maßnahmen, welche zur Handhabung der für den Eisenbahn-
betrieb erlassenen P.-Verordnungen erforderlich sind. Ihre Tätigkeit ist
eine gesetzgebende, eine verwaltende und eine strafende. Schwierig ist die
praktische Grenzziehung zwischen der BP. und der allgemeinen Polizei;
zwar haben Verwaltungspraxis und Rechtsprechung hierüber eine Reihe
von Rechtsgrundsätzen entwickelt, doch sind Kollisionen gleichwohl unver-
meidlich. Die weitere Darstellung gliedert sich nach der dreifachen Funk-
tion der BP.
Die gesetzgebende Funktion der BP. tritt zutage in der Befugnis, im
Verordnungswege allgemein verbindliche Rechtsvorschriften zu erlassen,
durch welche Betrieb und Verkehr im polizeilichen Interesse geregelt wer-
den. Eine solche Befugnis hat im Reich der Bundesrat — und zwar, wie
der Verfasser mit Recht ausführt, nicht nur kraft spezieller gesetzlicher
Delegation, sondern auch zur Ausführung der Art. 42 und 43 RV., — in
Preußen der Minister der öffentlichen Arbeiten, jedoch nur in den vom
Bundesrat nicht geregelten Materien.
Die verwaltende Funktion der BP. ruht bei den BP.-Behörden. Dabei
ist zu unterscheiden zwischen Staats- und Privatbahnen. Bei den Staats-
bahnen erfolgt sowohl die Handhabung der BP. gegenüber dem Publikum
als auch die Aufsicht über die Beobachtung der BP.-Vorschriften durch die
staatlichen Eisenbahnverwaltungsbehörden selbst, nämlich unter der oberen
Leitung des Ministers durch die Eisenbahndirektionen und deren ausfüh-
rende Organe, die Inspektionen. Bei den Privatbahnen wird die BP. gegen-
über dem Publikum von der Eisenbahngesellschaft, die Aufsicht über die
Erfüllung der bahnpolizeilichen Verpflichtungen von den besonderen staat-
lichen Aufsichtsbehörden, den Eisenbahndirektions- und den Regierungs-
präsidenten ausgeübt. Die einzige BP.-Behörde des Reiches ist das Reichs-
eisenbahnamt; ihm sind die staatlichen und privaten Bahnverwaltungen
gleichmäßig unterstellt. Die Vollziehung der bahnpolizeilichen Vorschriften
ist Aufgabe der BP.-Beamten, welche einen geschlossenen Kreis bilden.
Gegenstand der bahnpolizeilichen Verwaltungstätigkeit sind alle zur Hand-
habung der BP.-Verordnungen notwendigen Maßnahmen. Jedes bahnpoli-
zeiliche Einschreiten muß seine Grundlage in einer Rechtsnorm finden.
Mittel des Einschreitens sind Gewährung, Verfügung und Zwangsmaßregeln ;
Rechtsbehelfe dagegen: Gegenvorstellung und Beschwerde.
Die strafende Funktion der BP. ist eine kriminell lediglich aushelfende
und ergänzende, die BP.-Behörden erscheinen dabei bloß als Gehilfen der
Staatsanwaltschaft und der Gerichte. Den Hauptbestandteil des Verfahrens
bilden die Vernehmungen. Ferner sind die BP.-Beamten zur vorläufigen Fest-
nahme, endlich die Bahnpolizeibehörden in beschränktem Umfang zum Er-
laß polizeilicher Strafverfügungen befugt.