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anderes als ein Teil des Völkerrechts ist, so folgt daraus, daß dieselben
Personen, die Subjekte des Völkerrechts sind, auch Subjekte dieses Teils
sein müssen "3,
In seiner praktischen Anwendung hat der übrigens von den meisten
Völkerrechtslehrern '* heute anerkannte Satz vom Krieg als Prozeß nur
zwischen den Staaten unendlich viel dazu beigetragen, die Schrecken des
Krieges zu mildern. Das Prinzip der Unverletzlichkeit des Privateigentums
zu Lande führt auf ihn zurück, und wenn OPPENHEIM, um die Unrichtig-
keit des Gedankens zu zeigen, auf die Zulässigkeit von Ausweisung, auf die
Endigung des Handelsverkehrs, auf die Verhängung von Kontributionen
und ähnliche Erscheinungen des Krieges verweist, so liegt ın letzter Be-
ziehung und in einer Reihe anderer Fälle nur ein Reflex, eine unerwünschte
Nebenwirkung des Krieges, vor. Ausweisung ist aber auch in Friedens-
zeiten zulässig, da ein subjektives Recht des fremden Individiuums auf Auf-
enthalt nicht besteht. Was aber endlich die Endigung des Handelsverkehrs
anlangt, so spricht dies Beispiel gerade für die Richtigkeit des Rousseauschen
‚Satzes. Denn nur die umgekehrte Auffassung, der Satz Bynkershoeks
„inimici nostrae civitatis sunt inimici nostri“ vermag den Abbruch der
Beziehungen zwischen den Angehörigen der Kriegführenden zu recht-
fertigen. Sie wird daher denn heute nur noch in England und in den
Vereinigten Staaten, d. h. in den Rechtsgebieten verteidigt, in denen die
Sinne erheben. Bisher ist dies nicht geschehen; alle Versuche, den Men-
schen, den Papst usw. als Rechtssubjekte zu konstruienen (Versuche, die
z. B. von Fiore, in einzelnen Richtungen von Kaufmann, Adler und andern
gemacht worden sind) müssen als gescheitert angesehen werden. Auch
Art. 12 der Prisenhofkonvention enthält keine Anerkennung der Völker-
rechtssubjektivität von Privatpersonen, sondern lediglich die Zuerkennung
von Parteifähigkeit im Prozeß.
13 Vgl. dazu OPPENHEIM international Law 1906 II 110.
# Ich zitiere einige Werke im Sinne Rousseauscher Theorie: Politis
in Annuaire de l’Institut de droit international XXIII, (1910), 252; de
MARTENS, traite de droit international, französische Uebersetzung von
Leo III 1837, p. 178, 200, 201; FiIORE-ANTOINE, le droit international codifie
et sa sanction juridique 1911, Art. 1437, 1439, 1443; de LoUTER, het stellig
Volkenrecht, 1910, II, 191; DESPAGNET-BoOEK, cours de droit international
1910, p. 822; KOHLER in Zeitschrift für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht
V (1911) S. 385; HOoLZENDORFF, Handbuch des Völkerrechts IV (1889)
S. 359; WILSONn-TUKER, International Law 5th ed. 1909, p. 247; PRADIER
FoDEr£, traite de droit international public, VI, 1894, 761; DIENA, principi
di diritto internationale I, 1908, p. 468. Im Sinne der Bynkershoekschen
Theorie: Hau, International Law 6th ed., 1909, 63—70; HALLEK-BAKER,
International Law 4th ed., 1908, II, I, 14.