— 61 —
stellte sich auf den Standpunkt Schwedens, was der Verfasser als das
historisch und politisch natürliche bezeichnet. Ein König, der gegen den
einstimmigen Willen und die rechtmäßige Forderung des Volkes, gegen ein
einstimmiges Storthing und den entschiedenen Protest des Staatsrates das
Consulatsgesetz zu sanktionieren sich weigerte, sei nur der Form nach
norwegischer König, der Sache nach aber der König Schwedens gewesen.
Aber da die schwedischen Staatsmächte den norwegischen König vor sich
herschoben, sei es ganz natürlich gewesen, daß der Stoß von norwegischer
Seite auch gegen ihn gerichtet sein mußte.
Auch abgesehen von dem Verhältnis zu Schweden hat das norwegische
Staatsrecht bekanntlich eine ganze Reihe von interessanten Eigentümlich-
keiten. Spezifisch skandinavisch ist die Regelung der Ministerverantwort-
lichkeit: man sucht den Schutz vor rechtswidrigen oder schädlichen Re-
gierungsbandlungen nicht so sehr darin, daß immer eine für die Regierungs-
handlungen verantwortliche Person vorhanden sein soll, als in der Vor-
schrift, daß der König nur nach Einholung des Rates seiner sämtlichen
Staatsräte handeln darf. Das Grundgesetz knüpft die konstitutionelle Ver-
antwortung an den von jedem einzelnen Ratsmitglied in der Sitzung abge-
gebenen Rat, und nicht besonders an die Kontrasignatur. Der Vorschlag,
die Giltigkeit eines königlichen Beschlusses von der Kontrasignatur ab-
hängig zu machen, wurde 1814 von der konstituierenden Versammlung
ausdrücklich abgelehnt und zwar mit der Begründung, daß man den
Minister nicht über den König stellen wolle. Der Staatsminister ist daher
verpflichtet, den vom König in verfassungsmäßiger Form gefaßten Beschluß
zu kontrasignieren, einerlei ob er damit einverstanden ist oder nicht,
und die aus der Kontrasignatur entspringende Verantwortung bezieht sich
daher nur auf die Uebereinstimmung der Ausführung mit dem gefaßten
Beschluß.
Der Verfassung der batavischen Republik von 1798 entlehnt ist die
eigentümliche Kombination von Einkammer- und Zweikammersystem, welche
die Struktur des Storthings aufweist. Dieses geht aus den Wahlen als eine
Einheit hervor und nimmt erst in seiner eigenen Mitte eine Teilung in der
Weise vor, daß es ein Viertel seiner Mitglieder in das Lagthing entsendet.
Diese Teilung bezieht sich jedoch nur auf die Behandlung von Gesetzent-
würfen und selbst bei diesen kann im Falle der Uneinigkeit der beiden
Abteilungen ein gültiger Gesetzesbeschluß mit Zweidrittel-Majorität im
Plenum gefaßt werden. In allen andern Angelegenheiten, insbesondere auch
bei Verfassungsänderungen, dann bei der Steuerbewilligung, beim ganzen
Budget, bei allen Interpellationen usw. fungiert das Storthing ausschließ-
lich als einheitliche Versammlung. Auch sind mit einer einzigen Aus-
nahme die Ausschüsse für das ganze Storthing gemeinschaftlich. Weitere
Eigentümlichkeiten sind die Regel, daß der Wohnsitz innerhalb des Wahl-
bezirkes eine Bedingung der Wählbarkeit ist, was damit zusammenhängt,