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norität befinden. Ist das erste der Fall, so wird die oben be-
schriebene Probe gemacht, und die Mehrheit müßte 3 Stimmen
mehr betragen als wenn Preußen bei der Minderheit wäre.
So interpretiert stellt sich der Abs. 3 nicht als eine Mög-
lichkeit dar, bei der Elsaß-Lothringen nicht mit,zählt“, d. h.
nicht mitstimmt, sondern wie ein Fall des Art. 5, 37 RV., als
ein Fall qualifizierter Stimmenmehrheit. Man bezeichnet das
dem Präsidium durch die oft zitierten Art. 5, 37 RV. gegebene
Recht als das Vetorecht der Präsidialstimme; wir
bezeichnen die Tatsache, daß die elsaß-lothringischen Stimmen
in bestimmten Fällen nicht mit„gezählt“ werden sollen, als das
negative Vetorecht der übrigen Bundesstaaten.
Damit ist die Verleihung von Bundesratsstimmen als eine prin-
zipielle bewiesen. Die scheinbare Einschränkung stellt sich tat-
sächlich nicht als solche dar, sondern im Gegenteil tritt die
Bedeutung der elsaß-lothringischen Stimmen gerade in solchen
Momenten am stärksten in die Erscheinung, wo sie nach Abs. 3
nicht mitgezählt werden. Denn solange der kritische Fall nicht
eintritt, zählt die Stimme Elsaß-Lothringens wie die eines Einzel-
staates. Im Augenblick des kritischen Falls jedoch tritt zu dieser
Normalwirkung noch eine zweite hinzu: die der Notwendigkeit
einer erhöhten Stimmenmehrheit.
Entweder hat der Bundesrat 61 Stimmen oder er hat nach
wie vor nur 58. Ist das letztere der Fall, dann können nicht
61 abgegeben werden. Da es aber in allen, mit Ausnahme von
Veränderungen der Reichsverfassung notwendig ist, dab 61
Stimmen abgegeben werden (an deren Stelle bezw. bei Itio
in partes oder Nichtinstruktion entsprechend weniger treten), so
hat der Bundesrat 61 Stimmen.
Das Votum hat in den Ausnahmefällen einen vor allem
negativ wirkenden Charakter. Nicht aber hat Elsaß-Loth-
ringen kein Votum. Wenngleich nicht zu verkennen ist, daß
wir es hier mit einer staatsrechtlich neuartigen komplizierten Er-