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Staate bezeichnet. Das ist aus dem Grunde irrig, weil den Ein-
zelstaaten durch die Aufzählung des Art. 4 RV. nicht die Gesetz-
gebung entzogen ist, sondern hierdurch nur ein Programm auf-
gestellt ist, für die Materien, die das Reich durch einfaches
Reichsgesetz regeln kann im Gegensatz zu denen, die das Reich
nur durch qualifiziertes Reichsgesetz nach Art. 78IIRV. regeln
kann. Solange von der durch Art. 4 gegebenen Befugnis
kein Gebrauch gemacht wird, stehen die von den Einzelstaaten
erlassenen Landesgesetze in dieser Materie den auf Grund der
sogenannten ausschließlichen Landesgesetzgebungskompetenz er-
lassenen Gesetzen gleich. Der Unterschied ist nur quantitativer
Natur, insofern ein verfassungsänderndes Gesetz erforderlich ist;
er ist nicht qualitativer Natur. Die Laandesgesetze leiten ihre
Kraft in beiden Fällen aus der landesherrlichen Sank-
tion, nicht aus der Herrschaft des Reiches ab. Damit ist aber
auch das Analogon der Gesetzgebung eines Selbstverwaltungsbe-
zirks als irrig erwiesen.
Die Tatsache, daß die Gesetzgebungsbefugnis quantitativ
beschränkt ist, beweist nichts gegen den Staatscharakter, wenn
man, wie mit der heute herrschenden Ansicht anzunehmen ist,
die Souveränität nicht mehr als ein wesentliches Merkmal des
Staatsbegriffs auffaßt. Darnach sind die Einzelstaaten des deut-
schen Reiches wirkliche Staaten, obwohl sie ihre Souveränität
auf das Reich übertragen haben, da sie mit Ausnahme derjenigen
Materien, die nicht ausdrücklich auf das Reich (Art. 4. d. RV.)
übertragen sind, ihre Herrschaftsrechte behalten haben.
Die Ansicht, als seien diese letzteren nach anfänglicher gänz-
licher Uebertragung teilweise quoad exercitium zurück übertragen
worden, ist nicht zutreffend. Die Einzelstaaten haben diesbezüg-
lich allerdings nicht mehr Souveränität — denn eine geteilte
Souveränität ist ein Widerspruch in sich selbst — wohl aber
Autonomie, Gesetzgebungsrecht aus eigenem Herrschaftsrecht.
Damit ist aber auch als das essentielle Merkmal einer autonomen