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gehen, die das Ernennungsrecht des Kaisers hat. Hierbei ist
wieder zu unterscheiden :
1. ob das Ernennungsrecht als solches, oder
2. nur in diesem konkreten Fall das des Kaisers von aus-
schlaggebender Bedeutung ist.
Wenn wir die staatlichen Einrichtungen der europäischen
Staaten betrachten, so ist es ausnahmslos bei den Monarchien
eine wiederkehrende Erscheinung, daß die I. Kammer oder Peers-
kammer oder das Herrenhaus u. s. f. auf wesentlich anderer Grund-
lage aufgebaut ist, als daszur Gesetzgebung diesen Kammern zugeord-
nete Haus der Abgeordneten. Hier spielt das Ernennungsrecht des
Monarchen eine überragende Rolle, das meist nicht einmal an
eine begrenzte Anzahl gebunden ist, sodaß es in all diesen Fällen:
theoretisch der Willkür des Monarchen anheimgestellt ist, ob
ein Gesetzentwurf angenommen werden soll oder nicht. Und doch
findet man staatsrechtlich hierin nicht eine Tatsache, die den
Charakter des Staates als einer Monarchie aufhebt, weil dieses.
Recht des Monarchen eben nur ein negatives ist und dem
Haus der Abgeordneten regelmäßig ein solches dadurch gegeben
ist, daß es den von der Mehrheit des anderen Hauses gefaßten.
Beschlüssen auch seine Zustimmung verweigern kann.
Praktisch wird der Monarch dem von den Repräsen-
tanten des Volkes gefaßten Beschlüssen nur in den seltensten,,
durch außerordentliche Umstände motivierten Fällen dadurch
entgegentreten, daß er einen Peersschub vornimmt. Die Mög-
lichkeit einer so gearteten Weigerung ist aber als ein Ausfluß-
der Monarchenstellung, als eine dem Volke koordinierte
Institution zu erblicken, zumal dieses Mittel nicht nur zu Un-.
gunsten der II. Kammer, sondern auch zum Zwecke der Unter-
stützung der in dieser Kammer gefaliten Beschlüsse angewendet
werden kann. Und darin liegt die Bedeutung des Konstitutiona-
lismus überhaupt: daß das Volk aufrückt zum koordinierten
Faktor, während es bis dahin nur subordiniert, Gesetzgebungs-