Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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gehen, die das Ernennungsrecht des Kaisers hat. Hierbei ist 
wieder zu unterscheiden : 
1. ob das Ernennungsrecht als solches, oder 
2. nur in diesem konkreten Fall das des Kaisers von aus- 
schlaggebender Bedeutung ist. 
Wenn wir die staatlichen Einrichtungen der europäischen 
Staaten betrachten, so ist es ausnahmslos bei den Monarchien 
eine wiederkehrende Erscheinung, daß die I. Kammer oder Peers- 
kammer oder das Herrenhaus u. s. f. auf wesentlich anderer Grund- 
lage aufgebaut ist, als daszur Gesetzgebung diesen Kammern zugeord- 
nete Haus der Abgeordneten. Hier spielt das Ernennungsrecht des 
Monarchen eine überragende Rolle, das meist nicht einmal an 
eine begrenzte Anzahl gebunden ist, sodaß es in all diesen Fällen: 
theoretisch der Willkür des Monarchen anheimgestellt ist, ob 
ein Gesetzentwurf angenommen werden soll oder nicht. Und doch 
findet man staatsrechtlich hierin nicht eine Tatsache, die den 
Charakter des Staates als einer Monarchie aufhebt, weil dieses. 
Recht des Monarchen eben nur ein negatives ist und dem 
Haus der Abgeordneten regelmäßig ein solches dadurch gegeben 
ist, daß es den von der Mehrheit des anderen Hauses gefaßten. 
Beschlüssen auch seine Zustimmung verweigern kann. 
Praktisch wird der Monarch dem von den Repräsen- 
tanten des Volkes gefaßten Beschlüssen nur in den seltensten,, 
durch außerordentliche Umstände motivierten Fällen dadurch 
entgegentreten, daß er einen Peersschub vornimmt. Die Mög- 
lichkeit einer so gearteten Weigerung ist aber als ein Ausfluß- 
der Monarchenstellung, als eine dem Volke koordinierte 
Institution zu erblicken, zumal dieses Mittel nicht nur zu Un-. 
gunsten der II. Kammer, sondern auch zum Zwecke der Unter- 
stützung der in dieser Kammer gefaliten Beschlüsse angewendet 
werden kann. Und darin liegt die Bedeutung des Konstitutiona- 
lismus überhaupt: daß das Volk aufrückt zum koordinierten 
Faktor, während es bis dahin nur subordiniert, Gesetzgebungs-
	        
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