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1877 hierin keinen Wandel geschaffen. Es ist zuzugeben, daß
durch die Fassung dieses Gesetzes leicht Verwirrung entstehen
konnte, zumal hier auch durch die Formulierung („Liandesgesetze‘)
der Anschein erweckt werden konnte, als handle es sich um
wirkliche Landesgesetze. Tatsächlich sollte die Reichsgesetz-
gebung für gewisse zur Kompetenz des Reiches gehörige
Angelegenheiten wegen ihres lokal spezialisierten Oharakters einer
den speziellen Interessen mehr als bisher gerechtwerdende In-
stitution zugewiesen werden. Ihren besonderen Ausdruck findet
diese Absicht im & 2 des zit. Gesetzes, der mangels einer Norm,
die $8 4 III des Gesetzes 1871 ausdrücklich oder durch ihren
Inhalt aufhob, einen bestehenden Zustand bestätigte.
Daß diese Ansicht die richtige ist, sagt Art.2 $ 27 des
Gresetzes vom Mai 1911, wodurch das Gesetz vom 9. Juni 1871
ausdrücklich aufgehoben wird. Hätte durch das neue (resetz
lediglich die Form geändert werden sollen, dann hätte es ge-
nügt, jene Bestimmungen aufzuheben, die sich auf die bisherige
Form der sogenannten Landesgesetzgebung bezogen, also ins-
besondere &$ 1 des Gesetzes vom 2. Mai 1877. Dadurch, daß
jenes grundlegende Gesetz, das die materielle Gesetzgebung, das
Gesetzgebungsr echt regelt, aufgehoben wurde, ist festgestellt,
daß dem Reich nicht mehr das Recht der Gesetzgebung „in den
der Reichsgesetzgebung in den Bundesstaaten nicht unterliegenden
Angelegenheiten“ zusteht.
Man kann dem nicht entgegenhalten, daß diese Aufhebung
von keiner Bedeutung sei, da ja, wie von uns ausgeführt, die
Normengebung einen schon bestehenden Zustand nur bestätigt
habe, also die Aufhebung den ursprünglichen Zustand
herstelle, wonach das Reich das Gesetzgebungsrecht innehatte.
Dieser Einwand ist deshalb nicht stichhaltig, weil durch die Ein-
beziehung der Aufhebungsnormen in dem Artikel II des neuen
Gesetzes zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß der Inhalt
dieser Normen mit. den jetzt geschaffenen Verhältnissen nicht