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mehr im Einklang stehe: also auch daß der durch das Gesetz
vom 9. Juni 1871 $ 4 Abs. 3 ausgesprochene Grundsatz nicht
mehr richtig sei. Ist das aber richtig, so gibt es ein elsaß-loth-
ringisches Gesetzgebungs recht unter Ausschluß der Reichs-
gesetzgebung, d. h. eine Autonomie.
Für uns ist wichtiger hier festzustellen, daß damit ein Kom-
plex von Materien, der bislang zur einheitlichen Kompetenz des
Reichs gehörte, aus der Reichskompetenz ausgeschieden ist. Also
in diesem Augenblick haben wir zwei objektiv verschie-
dene Kompetenzkreise. Gibt es aber zwei getrennte Kompetenz-
kreise, so ist die eine eben die Reichskompetenz, die andere die
elsaß-lothringische Landeskompetenz. Daß auch wirklich eine
Landeskompetenz, nicht lediglich eine durch die Form verschleierte
Reichskompetenz existiert, haben wir oben nachgewiesen. Ein
Reichsland kann aber eine eigene Staatsgewalt nicht haben ’?”,
also kann Elsaß-Lothringen nicht mehr Reichsland sein.
Als Reichsland kann Elsaß-Lothringen auch keine Bun-
desratsstimme haben, das ergibt sich aus der Natur dieses In-
stituts. Der Bundesrat ist eine Institution, deren staatsrechtliche
Begriffsbestimmung Schwierigkeiten bereitet. Das beruht insbe-
sondere auf der Doppelnatur desselben, nämlich
1. als Institution zur Geltendmachung der Mitgliedschafts-
rechte 8,
2. als Organ des Reiches.
Hier interessiert er nur in seiner ersten ‚Beziehung. Das
Reichsland kann nicht Mitglied des Reichs sein, solange in E.-L.
Reichsgewalt und Staatsgewalt identisch und einheitlich sind, da
ja das Reich als sein eigenes Mitglied auftreten würde. Daher
war auch der Schluß gerechtfertigt, den LABAND für die früheren
Verhältnisse gezogen hat?®: „E.-L. hat keine Stimme im Bundesrat
nn
27 LABAND a. a. OÖ. Bd. II S. 204.
®® LABAND a. a. O. Bd. IS. 212 ff.
29 LARAND a. a. OÖ. Bd. IS. 218.