88 —
und kann keine haben“. Und er betont, daß dies nicht etwa die
Konsequenz praktischer Erwägungen sei, die in der Schwierigkeit
der Instruktion läge, sondern lediglich die logische Folge der
Tatsache sei, daß E.-L. Reichsland sei. Also auch hieraus er-
gibt sich durch arg. e contr., daß E.-L. kein Reichsland mehr ist.
Tatsächlich mag die Aufgabe der Möglichkeit einer reichs-
gesetzlichen Regelung von sogen. landesrechtlichen Materien
durch die gesetzgebenden Faktoren des Reichs, wie sie &$ 2 Abs. 1
des Gesetzes vom 2. V. 1877 verbürgte, von keiner. großen Be-
deutung sein, insofern dieser Weg nie beschritten worden ist.
Praktisch ist auch im Jahre 1879 der Schwerpunkt der
Landesgesetzgebung in das Reichsland verlegt worden. Vom
theoretischen staatsrechtlichen Standpunkt aus jedoch ist
die endgültige Ausschaltung der Reichsgesetzgebung für lan-
desrechtliche Materien von außerordentlicher Bedeutung. Das
praktisch verwirklichte staatliche Eigenleben war sehr prekärer
Natur. Jederzeit bestand die theoretische Möglichkeit wenn die
elsaß-lothringische Gesetzgebung Wege gehen wollte, die den In-
tentionen der verbündeten Regierungen nicht entsprachen, das
staatliche „Eigenleben* illusorisch zu machen, den Willen des
Reiches zur Geltung zu bringen. Das ist jetzt rein theoretisch
betrachtet nicht mehr möglich. Ein Eingriff in die Materien die
den Einzelstaaten zur autonomen Regelung überlassen sind, ist
von jetzt an nur unter denselben Voraussetzungen möglich, unter
denen er auch bei den Einzelstaaten gegeben wäre, z. B. im Wege
des verfassungsändernden Gesetzes nach Art. 78 Abs. 1 RV. durch
Erweiterung der Reichskompetenz oder eventl. nach Art. 76 Abs. II
RV. Es ist also diese gesetzliche Regelung bedeutend mehr als
der Reichskanzler in seiner Rede vom 23. Mai 1911 ausführte ®®:
„So hoch die Schaffung eines neuen reichsländischen gesetz-
gebenden Organes als’ Bestandteil einer größeren Autonomie
der Reichslande geschätzt werden muß, wenn Sie hier von
®° Stenogr. Bericht 182. Sitzung S. 7039 f.