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getadelt, weil hier in erster Linie privatrechtliche Fragen zu ent-
scheiden seien. Das ist ebenfalls nicht zutreffend. Das Steuer-
recht hat, wenn auch bisweilen privatrechtliche Fragen hinein-
spielen, mit dem Privatrecht wenig Berührungspunkte; es bildet
ein eigenes Rechtsgebiet mit besonderen, meist dem wirtschaft-
lichen Leben entnommenen Begriffen. Die Wahl des Verwaltungs-
streitverfahrens rechtfertigt sich auch wegen des öffentlichrecht-
lichen Charakters der hier in Frage kommenden Leistungen und
Rechtsverhältnisse. Demgemäß bilden die Entscheidungen in
Steuersachen in allen Bundesstaaten, die überhaupt eine Ver-
waltungsgeriehtsbarkeit besitzen, eine der Hauptaufgaben des Ver-
waltungsgerichts. In Preußen ist die Rechtsprechung gerade in
Einkommensteuersachen von großem Einfluß auf die Entwicklung
des materiellen Rechtes und des Verfahrens gewesen. Gerade hier
wird die Mitwirkung bürgerlicher Mitglieder wegen der in Be-
tracht kommenden wirtschaftlichen und kaufmännischen Gesichts-
punkte von besonderem Nutzen sein. Aehnliches gilt von der
Stempel- und Immobilienabgabe, bei der allerdings das Privat-
recht eine größere Rolle spielt, als bei den direkten Steuern.
Dieser Umstand kann jedoch zu einer Verweisung an die ordent-
lichen Gerichte ebensowenig führen, wie man etwa einzelne pri-
vatrechtliche Streitigkeiten nicht deshalb dem Verwaltungsgericht
übertragen wird, weil ihre Entscheidung von der Beantwortung
öffentlichrechtlicher Fragen abhängt. Oeffentliches Recht und
Privatrecht greifen eben vielfach ineinander, nnd hier führt allein
der Grundsatz, daß die Natur des Anspruchs maßgebend ist, zu
einer klaren Scheidung. Uebrigens ist zu beachten, daß gewisse
Begriffe des Steuerrechts (z. B. „Veräußerung“, „Grundstück‘)
keineswegs immer mit den gleichlautenden Begriffen des bürger-
lichen Rechtes identisch sind, was von den Gerichten häufig über-
sehen wird.
Vor allem aber entspricht auch die Uebertragung der Steuer-
und Stempelsachen an das Verwaltungsgericht insofern einem