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dem die Friedenspräsenzstärke zum ersten Male anderweitig fest-
gestellt wurde, hätte Abs. III niemals Lebensfähigkeit besessen;
denn die Feststellung der Verausgabung „dieser Beträge*
durch Etatsgesetz konnte erst eintreten nach Ablauf des
Provisoriums am 31. Dezember 1871, das auf weitere drei Jahre
bis zum 31. Dezember 1874 verlängert worden ist. Während der
Geltung des Provisoriums und des Pauschquantums wurde ja nach
Art. 71 Abs. Il der Militäretat dem Bundesrate und dem Reichs-
tage nur zur Kenntnisnahme und Erinnerung vorgelegt.
Eine Feststellung des Etats durch den Reichstag konnte erst
nach Ablauf dieser Provisorien stattfinden. Wenn aber mit der
Ersetzung dieses Zustandes durch ein neues Friedenspräsenzgesetz
die Geltung des Abs. II hätte aufhören sollen, wäre Abs. III nie-
mals lebensfähig gewesen. Man kann aber doch nicht anneh-
men, daß die Reichsverfassung eine Bestimmung enthält, die nie-
mals in Geltung treten konnte, und aus der hieraus folgenden
Notwendigkeit, dem Abs. III eine Existenzmöglichkeit zu geben,
ergibt sich abermals ein Argument für die Fortgeltung des Abs. II,
von dem Abs. III nicht zu trennen ist.
SEYDEL hat gegen LABAND weiter eingewandt, daß, wenn
Art. 62 Abs. II dauernde Geltung habe, diese Beiträge auch im
jährlichen Etat formell gesondert von den Matrikularbei-
trägen erscheinen müßten. Es ist nicht einzusehen, aus welchem
Grunde. Wenn die gesetzgebenden Organe bei der Feststellung
les Etats darüber einig sind, die Beiträge nach Art. 62 Abs. II
für das nächste Jahr durch die Matrikularbeiträge zu überdecken
oder auf sie zu verzichten, so ist damit doch die Weitergeltung
dieses Verfassungsgrundsatzes nicht ausgeschlossen. Mit diesen
Einwänden ist also die LABANDsche Theorie nicht zu bekämpfen.
Nun hat allerdings v. SavıenyY!?® mit Recht hervorgehoben,
daß der zweite Satz des Abs. II eine Lücke enthalte, insofern, als
er nur die Berechnungsart für die Beiträge feststelle, solange
ı30 5, 252 ff.