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Mit dem wesentlich politischen Charakter der neueren magyarischen
staatsrechtlichen Literatur erklärt es sich nun, daß sie das Pro-
blem der österreichischen Zentralisation ausschließlich unter dem
Gesichtspunkt der etwa im dritten Jahrzehnt des verflossenen
Jahrhunderts einsetzenden sezessionistischen Bestrebungen und
der vollständig modernen unter ihrem Einflusse entstandenen
Theorie vom national-magyarıischen Staate betrachtet
und diese Theorie auf die ständische, nicht-nationale Epoche
der Zentralisation zurück bezieht. Nicht nur daß sie hiedurch
mit der älteren Literatur des ungarischen Staatsrechts in Wider-
spruch tritt, so verschließt sie sich vollständig der Frage, ob sich
nicht in dem Prozesse der Zentralisation das politische Gesetz:
Naturam, si expellas furca offenbare, das von der zufälligen Indi-
vidualität der an diesem Prozesse beteiligten Herrscher unab-
hängig ist, das sie alle erfaßt, die Schwankenden und Behut-
samen wie die Entschiedenen und Eiligen, das die zentralistischen
Dezisionen erklärt, durch welche inzwischen liegende sezessioni-
stische Konzessionen immer wieder desavouiert werden, und über
welche Graf Albert Apponyi so bewegliche Klage führt*. Diese
Frage ist aber in erster Linie zu lösen, da im Falle ihrer Be-
jahung das zugestandene Bildungs- und ÖOrganisationsgesetz auch
durch einen formell noch so vollendeten Angriff auf eine Theorie,
welche vielleicht das äußerst schwierige Problem seiner adäquaten
staatsrechtlichen Formulierung noch nicht zur abschließenden
Lösung gebracht hat, nicht aus der Welt geschaffen werden kann. Es
kann nicht ausbleiben, daß eine so äußerliche, der Direktive einer
modernen staatsrechtlichen Bewegung unterliegende Behandlung
des Stoffes eine wesentlich advokatische sein muß, die mit dem
widerspruchsvollen Ergebnis schließt, daß der letzte Ausgleich
besonders jene des Thronfolgers Franz Ferdinand“, heißt es in der in A. 2
angeführten Monographie, „interessiert einen großen Teil jener Schriftsteller,
welche mit der erwähnten (Gesamtstaats-)Theorie hervorgetreten sind.“
* Separatabdruck S. 19.