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Kaiser und nur als Kaiser und wird unterstützt und beraten
durch kaiserliche und nur durch kaiserliche Behörden.
IH. Die Reehtsmittelund der Umfang der öster-
reichischen Zentralisation.
I. Wenn man die Bildung der ganz oder zum Teil aus deut-
schen Territorien entstandenen Mittel- und Großstaaten ins Auge
faßt, so stößt man auf den eigentümlichen Rechtsvorgang der
Zentralisation, d. i. auf jenen staatsrechtlichen Prozeß, durch wel-
chen mehrere Territorien mit besonderer ständischer
Verfassung zu einem rechtlich einheitlichen Verwaltungs-
und insoferne zu einem einheitlichen Staatsgebiete lediglich durch
monarchische ÖOrganisationsakte verschmolzen werden, die
ım konstitutionellen Staate ohne parlamenta-
rische Mitwirkung nicht denkbar sind. Die öster-
reichischen Rechtshistoriker, allen voran BIDERMANN in seiner
grundlegenden Geschichte der österreichischen Gesamtstaatsidee,
haben diesen Prozeß bis in seine Einzelheiten nur chrono-
logisch dargestellt. Die deutschen apologetischen Forschungen
über das Wesen der ständischen Territorien verlegen das Schwer-
gewicht bei ihrer Darstellung in die staatlichen Leistungen der
Stände für die Bildung der kleineren Territorien, zu denen
sie kraft der dualistischen Zerteilung staatlicher Zuständigkeiten
befähigt waren. So bietet weder die österreichische noch die
deutsche Rechtsforschung eine staatsrechtliche Konstruktion des
Zentralisationsprozesses.
II. Diese Konstruktion kann nur vermittelst der Erkenntnis
der individual- späterhin patrimonialrechtlichen Auffassung der
rechtlichen Beziehung der Träger staatlicher Zuständigkeiten zu
diesen Zuständigkeiten gewonnen werden, wie sie das Mittelalter
und die ständische Epoche auch der Neuzeit beherrscht hat*®.
24 Vgl. hierüber TEZwER, Geist und Technik des ständisch monarchi-
schen Staatsrechts, SCHMOLLERs Forschungen Bd. 19 Heft 3 (1907) bes.
8. 89, 96.