Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Anspruch auf Vereinigung Bosniens und der Herzegowina mit 
ihrem Gebiet erhebt und vielleicht in Zukunft auf die Annexion 
Böhmens, Polens, Schlesiens, Steiermarks, Niederösterreichs er- 
heben wird *. Es kommt bei dieser Art der Formulierung darauf 
an, welchen Ausgangspunkt man nimmt. Vom Standpunkt des 
Machtstaates, der dem jetzigen Stande der Empirie ent- 
spricht, gelangt doch gerade die Theorie vom magyarischen Natio- 
nalstaat zu dem Ergebnis, daß Deutsche, Slaven und Rumänen 
durch die mit Machtmitteln bewirkte Einordnung in den magya- 
rischen Staat jeglichen Anspruch auf nationale Autonomie ein- 
gebüßt hätten. 
Soll sich nicht alles staatliche Leben in ein jegliche recht- 
liche Betrachtung ausschließendes und unentwirrbares Chaos von 
lauter rechtlichen Pendenzen auflösen, so muß in der Epoche des 
Machtstaates davon ausgegangen werden, daß ein bisher souveränes 
Gemeinwesen durch den tatsächlichen Verlust seiner Sou- 
veränitätt auch von Rechtswegen nicht mehr sou- 
verän ist und daß der Charakter des Untergangs der Souverä- 
nität als einer rechts vernichtenden Tatsache auch durch das 
Widerstreben des davon betroffenen Volkes nicht berührt wird **. 
Sonst gäbe es heute noch ein souveränes Königreich Polen, einen 
böhmischen Staat“, ein Königreich Hannover, ein französisches 
#5 Vgl. hiezu die energische Abwehr der magyarischen Revindikations- 
ansprüche im Berichte des Abgeordneten Professor REDLICH als Bericht- 
erstatter des bosnischen Ausschusses des österr. Abgeordnetenhauses S. 13 
A. **) [1912]. 
# Die Souveränität ist ein Recht, das der Staat fortdauernd betätigen 
muß, um es zu besitzen. So zutreffend SEIDLER, Das juristische Kriterium 
des Staates (1905) S. 76. 
* Mit wie ungleichem Maße die magyarische Publizistik die Un- 
abhängigkeitsbestrebungen der magyarischen und anderer Nationen mißt, 
beweist die helle Entrüstung, in die sie über den im Jahr 1871 unter dem 
Ministerium Hohenwart unternommenen Versuch der Wiederherstellung des 
böhmischen Staates ausbricht. Man vgl. z. B. CsupAY, Die Geschichte 
der Ungarn, übersetzt von Darvar 8. 517. So bescheiden der Wert dieses 
Geschichtswerkes ist, so gibt es doch die in diesem Punkte in den maß-
	        
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