Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

— 1283 — 
nicht contra legem. Das durch Kriege und innere Unruhen er- 
schöpfte Ungarn fügte sieh in die zentralistischen Einrichtungen 
und erblickte in ihnen eine Bürgschaft seines Fortbestandes. Die 
grundsätzliche Anerkennung der ständischen Subsidiarpflicht für 
die reguläre Miliz im Jahre 1715, die pragmatische Sanktion des 
Jahres 1721/22 und die bei dieser Gelegenheit u. z. am 28. Sep- 
tember 1722 abgegebene Erklärung der Stände an den König, daß 
sich Ungarn zu seinem Heile schon vor nahezu 200 Jahren in den 
Schatten des königlichen Adlers geflüchtet habe °?, lassen keinen 
Zweifel daran aufkommen, daß die zentralistischen Einrichtungen 
von den Ständen selbst in dieser Weise gewürdigt worden 
seien. 
V., Staatsrechtlicher Charakter und staatsrechtliche 
Wirkungen der österreichischen Zentralisation. 
I. Die von Apponyi in seinen Essays geleugnete Mediati- 
sierung oder Nullifizierung im Rahmen der vollzogenen 
Aentralisation wird, wie gezeigt, als tatsächlicher 
Zustand von Ferdinandy und Andrässy zugestanden und ist von 
Apponyi selbst in seinem im Forum übersetzten Abriß der 
ungarischen Verfassungsentwicklung als ein von den österreichischen 
Herrschern bewirkter „Schein eines Gesamtreiches“* charakterisiert 
worden. Das Ergebnis der Zentralisation — so wird diese Charak- 
teristik gerechtfertigt — erschöpft sich doch in bloßen Be- 
hördenorganisationen, die nur in einem fürsten- 
dienstlichen Verhältnis zum Herrscher gestanden seien, 
somit einer Beziehung zum Staate entbehrt hätten°*. Allein die 
Zentralisation führte zunächst zur Konstituierung einer einheit- 
lichen, persönlich ausgeübten Herrschergewalt, die sich 
durch die Verwendung kaiserlicher Behörden für den Zweck der 
53 TURBA, Die pragmatische Sanktion mit besonderer Rücksicht auf die 
Länder der Stefanskrone (1906) S. 195. 
5: Separatabdruck 8. 11, 14f.
	        
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