— 132 —
Der von BERNATZIK® formulierte, freilich nur auf niedere Bildungen
passende Begriff des Monarchenrechts als eigenen Rechts auf staat-
liche Zuständigkeit erscheint auch hier erfüllt. Dieser Gesichts-
punkt ist für den Zweck des Verständnisses der weiteren Dar-
stellung festzuhalten, weil die österreichische Monarchie nicht weit
über diese Stufe der staatlichen Entwicklung hinausgelangt und
weil sie trotz dieser Unvollkommenheit eine staatliche und keine
völkerrechtliehe Bildung ist. Die österreichisch-
ungarischeMonarchieist nichts anderesals der
in die Formen des Konstitutionalismus über-
tragene territoriale monarchische Gesamt-
oder Länderstaat, ein staatsrechtlicher monar-
chischer Länderverband.
III. Die Rechtsgeschichte hat, wie das die von BIDERMANN
streng dokumentarisch geschriebene Geschichte der österreichi-
schen Gesamtstaatsidee und die Darstellung RACHFAHLS der
Organisation der Gesamtstaatsverwaltung Schlesiens vor
dem dreißigjährigen Kriege beweist, dieses ganze Verhältnis,
wenn auch nicht staatsrechtlich konstruiert, so doch richtig erkannt.
Dagegen hat die moderne Staatsrechtswissenschaft dieser staat-
lichen Bildung unter dem Einflusse des Triebes zur Herstellung
eines Systems logisch geschlossener doktrinärer aus den aller-
modernsten Bildungen abgeleiteter Staatentypen, durch ihre
Ueberweisung auf das Gebiet des Völkerrechts, durch ihre
Einzwängung unter die vollkommen doktrinären, ganz äußerlich
gebildeten, die disparatesten Staatenverbindungen unter einem
nichtssagenden Begriff vereinigenden Typen der Personal- oder
Realunion den größten Zwang angetan. Denn wie anders soll
man es bezeichnen, wenn eine Bildung, welche die zwischenstaatliche
oder interterritoriale Stellung mehrerer Territorien vollständig
aufsaugt und zur einheitlichen Verfügung über
ihren Bestand mittels Krieg und Frieden, zu einheitlichen Re-
° Republik und Monarchie 1892.