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organisation dieses Gegensatzes zwischen dem König alsgutem
Richter, als Träger des Fortschritts und den ständisch organi-
sierten Gerichten des Landes entbehrt °®. Selbstverständlich wird
an dem hier dargestellten Verhältnis nichts durch die Theorie
von der heiligen Krone geändert, die WERBÖCZ, der Proto-
notar König Wladislaw II°, ein geschickter Eklektiker °®', nicht
etwa auf rechtshistorischen Grundlagen aufgebaut, sondern für
den Zweck der festerenBegründungder ständischen
Vorrechte durch mystische Verklärung konstruiert hat, indem
er die mystische, schon im Mittelalter auf das Verhältnis von König
und Volk übertragene altkanonische Vorstellung des Verhält-
nisses von Papst und Episkopat als der nach Haupt und Gliedern
geordneten zur Persönlichkeit erhobenen Korporation der Kirche
auf das Verhältnis von König und Ständen behufs Heiligung der
für das Zurückbleiben der wirtschaftlichen Entwicklung Ungarns. Deutsch-
land hatte seinen 30jährigen, die Entwicklung um 100 Jahre zurückwerfen-
den Krieg und die Soldadeska hauste bis zum Einbruch des modernen
Staates überall in gleich drückender Weise. Die landesfürstlichen Kame-
ralisten waren aber überall die Bahnbrecher der modernen Volks- und
Finanzwirtschaft. Aber gerade die ungarischen Verwaltungsorganisationen
der Komitate gestatteten keine ungehemmte Entfaltung ihrer epochalen
Tätigkeit (TEZNER, Verwaltungsrechtspflege S. 164). Was sie unter solchen
Verhältnissen leisten konnten, haben sie, wie insbesondere das Bergwerks-
wesen beweist, auch in Ungarn geleistet.
7° STEINACKER a. a. O. S. 337 bemerkt, daß die ungarische Rechts-
geschichte den Gegensatz zwischen Volksrecht und Königsrecht nicht kennt.
Da aber in der Epoche, von der die Rede ist, das Recht vornehmlich durch
Rechtsspruch gebildetes Gewohnheitsrecht ist, so hängt dies damit zu-
sammen, daß der Unterschied zwischen der persönlichen Gerichtsbarkeit
der Fürsten und den Gerichten des Landes dem ungarischen Recht fremd ist.
8° Ueber dessen Tripartitum opus juris consuetudinarii incliti Regni
Hungariae, einer im Jahr 1514 beendeten, mit großer Freiheit veranstalteten
Sammlung des ungarischen Gewohnheitsrechts vgl. LuscHin a. a. O. 8. 81.
209, 232.
sı Er kollegiert aus dem römischen, kanonischen und (vgl. LUSCHIN
a. a. OÖ. S. 81) auch aus dem deutschen Recht. Auch die primitiven natur-
rechtlichen Lehren seiner Zeit werden verwendet.