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verlangte die Einstellung der bisher als Extraordinarium gewähr-
ten Mittel in den gewöhnlichen Staatshaushalt. Der diese Gesichts-
punkte darlegenden Thronrede gegenüber deutete in der Antwort-
adresse das Abgeordnetenhaus das erstemal die Verschiedenheit
seiner Ansicht von der der Regierung über die rechtliche Grund-
lage der Reorganisation mit den Worten an: „Es wird uns zur
Genugtuung gereichen, die in der Armee getroffenen neuen An-
ordnungen als solche zu erkennen, welche sich innerhalb der ge-
setzlichen Grundlage unserer Heeresverfassung bewegen.“ Deut-
lieheren Ausdruck ihrer von der der Regierung abweichenden An-
sicht gab die zur Prüfung des Militäretats eingesetzte Kommission,
indem sie aussprach, daß die Reorganisation bis zu erfolgter Ab-
änderung des Gesetzes vom 3. September 1814 durch ein die
Dienstpflicht usw. neu regelndes Gesetz der Landesvertretung ge-
genüber nur einen provisorischen Charakter haben könne. Im
Anschluß daran wurde auch in den Plenarsitzungen die Ansicht
vertreten, daß der Reorganisation noch die dauernde gesetzliche
Grundlage fehle, und daß diese ihr nur durch ein — 1860 wohl
eingebrachtes, 1861 aber nicht wiederholtes — Gesetz über den
Kriegsdienst verliehen werden könne. Die Mehrheit des Abgeord-
netenhauses lehnte eine Einstellung in den Haushalt ab, bewilligte
jedoch die verlangten Mittel — nicht ohne einen Abstrich von
750000 Talern — im Extraordinarium, und sprach zugleich
in einer Resolution die Meinung aus, daß „die Königl. Staats-
regierung, falls sie die zur Reorganisation der Armee ergriffenen
Maßregeln aufrecht zu erhalten beabsichtige, verpflichtet bleibe,
spätestens dem nächsten Landtage ein Gesetz behufs Abänderung
des Gesetzes vom 3. September 1814 vorzulegen“, eine Verpflich-
tung, zu der sich die Regierung als einer sich selbst aufzuerle-
genden, nicht aber dem Landtage gegenüber geschuldeten bekannte.
Die Situation war 1861 demnach die, daß das Abgeordneten-
haus die Reorganisation nicht verwarf, vielmehr anerkannte, aber
nur anerkannte als eine durch außergewöhnliche Verhältnisse ge-