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rechtfertigte Maßnahme, die zu dauerndem rechtlichen Bestande
eines neuen, besonderen Gesetzes bedürfe. Ein solches Gesetz
wurde nun auch im Januar 1861 von der Regierung vorgelegt.
Bei der im März wegen Annahme eines aus der Mitte des Hauses
gestellten Antrags, die Spezialisierung des Budgets betreffend, er-
folgten Auflösung des Abgeordnetenhauses war das Gesetz noch
nicht erledigt. Dem am 19. Mai zusammengetretenen Landtage
legte die Regierung nur einige der dringendsten Gesetze vor in
der ausgesprochenen Absicht, die Fragen der inneren Gesetzgebung
für die Wintersession vorzubehalten. Nur der Staatshaushalt
wurde vorgelegt und zwar mit dem für 1862 zugleich der für 1863.
Seit den 12 Jahren des Bestehens der preußischen Verfassung
war es bis dahin eine allseitig geduldete Praxis gewesen, den Etat
erst ın der Mitte des Jahres festzustellen. Bis zu dem Zeitpunkt
der Feststellung waren die Ausgaben stets im voraus in Erwartung
der nachträglich einzuholenden und zu erteilenden Genehmigung des
Landtages geleistet worden. So waren auch jetzt beim Einbringen
des Etats die Ausgaben für das Heer auf den verflossenen Teil
des Jahres 1862 geleistet worden; ein Verfahren, das bei der 1861
geschehenen Bewilligung des Extraordinariums im Landtage im
voraus ausdrücklich als legal anerkannt worden war, jedenfalls
aber von der Regierung im Hinblick auf die bis dahin geübte
Praxis der Etatfeststellung im guten Glauben als legal betrachtet
werden konnte. Artikel 99 der preußischen Verfassung bestimmt
nun, daß „alle Einnahmen und Ausgaben des Staates für jedes
Jahr im voraus veranschlagt und auf den Staatshaushaltsetat ge-
bracht werden müssen“. Nach dem bis 1862 beobachteten Ver-
fahren büßte das verfassungsmäßig gewährleistete Budgetbewilli-
gungsrecht des Landtags — allerdings unter dessen eigenem still-
schweigend gegebenen Einverständnis — zu einem beträchtlichen
Teil an Ausübungsmöglichkeit ein. Wenn die Regierung im Mai
1862 zugleich mit dem Etat für das laufende Jahr den auf 1863
vorlegte, so tat sie weiter nichts, als daß sie, hinsichtlich des