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Absichten schlug die Regierung unter entsprechender Erhöhung
der Formationen eine Vermehrung der Präsenz um 83 894 Mann
vor, und zwar bereits vom 1. Oktober 1893 ab, damit die Ver-
stärkung der Armee schon mit der normalen, im Oktober erfolgen-
den Rekruteneinstellung erfolgen könne.
Bei diesen Vorschlägen wandelte die Regierung auf völlig
neuen Bahnen und wich hinsichtlich der Friedenspräsenzstärke in
drei wesentlichen Punkten von ihrem bis dahin eingenommenen
Standpunkte ab. Erstens änderte sich das Wesen der Präsenz-
zahl, zweitens überwies sie die Unteroffiziere, die in der allgemei-
nen Präsenzziffer inbegriffen gewesen waren, der gesonderten Fest-
stellung durch den Etat, und schließlich bestand sie nicht mehr,
wie noch vor kurzem, auf einer siebenjährigen Feststellung, son-
dern begnügte sich mit einer fünfjährigen ”.
Die Beratungen im Plenum und die in der Kommission be-
wegten sich im Rahmen finanzieller und militärtechnischer Rück-
sichten. Neben der zweijährigen Dienstzeit war es vor allem der
Vorschlag der vierten Bataillone (Halbbataillone), der Stoff zu den
eingehendsten Debatten gedachter Art abgab. In der zweiten
Lesung trat ein Antrag Huene in den Mittelpunkt der Erörterun-
gen. Er deckte sich, die Präsenzstärke um mehr als 10000 Mann
reduzierend, im großen und ganzen mit dem späteren Gesetzestext.
Das Endresultat der im Anschluß an diesen Antrag geführten leb-
haften, parteipolitisch in hohem Maße, rechtlich aber nur wenig
Interesse bietenden Diskussion war, daß $ 1 der Regierungsvor-
lage am 6. Mai abgelehnt, der Reichstag aber am gleichen
Tage deswegen aufgelöst wurde. Dem neu zusammentretenden
Reichstage wurde als ausschließlicher Sessionsberatungsgegen-
stand ein anderweiter Gesetzentwurf über die Friedenspräsenz-
stärke vorgelegt. In allen wesentlichen Punkten auf den-
2” Zur Begründung dieses Systemwechsels vergl. Sten. Ber. 1892/93
Anlagen, I. Bd. S. 101.
® Stimmt in Wortlaut mit dem späteren Gesetzestext überein.