— 19% —
Regierung gerade im Landtagsabschied notwendigerweise zusammen-
gehörten.
Auch die erste Ständeversammlung scheint auf dem Stand-
punkte gestanden zu haben, daß der Landtagsabschied
nur eine Förmlichkeit ist, dazu bestimmt, die landes-
herrlichen Entschließungen feierlich zu verkünden. Bei den Be-
ratungen über Artikel 27 des angeführten Ediktes äußerten die
Kammern ihre Wünsche dahin, es möge zu diesem Artikel die
Bestimmung hinzugesetzt werden !®, „daß die vorläufige Nachricht
über die Entschließungen des Großherzogs auf Anträge der Stände
wo möglich noch im Laufe des Landtags zugesichert werde, wenn
auch die förmliche Verkündigung auf den Schluß
festgesetzt bliebe“. Damit wurde begehrt, die Beantwortung der
ständischen Petitionen noch während der Kammerverhandlungen
erfolgen zu lassen, und gleichzeitig ergibt sich daraus die Richtig-
keit der rechtlichen Qualifizierung des Landtagsabschiedes, wie
sie von uns vorgenommen wurde.
Aber die Tatsache, daß die Verabschiedung nur bei Schließung
der Kammern stattfindet, läßt weiterhin den Schluß zu, daß der
„Abschied für die Ständeversammlung“*, auch was seinen zweiten
Teil anlangt, nur eine althergebrachte, einer rechtlichen Bedeutung
entbehrende Institution ist. Hätte er eine staatsrechtliche Be-
deutung, dann wäre unerklärlich und durch nichts motiviert die
Tatsache, daß dem aufgelösten Parlamente ein Landtagsabschied
nicht mitgeteilt wird. Kammerauflösungen pflegen nun stattzu-
haben, wenn aus irgendwelchen politischen Gründen ein gedeih-
liches Zusammenarbeiten der beiden Staatsorgane unmöglich er-
scheint, wenn die Beziehungen zwischen Landesherrn und Volks-
vertretung getrübt sind. Dann hat das Staatsoberhaupt keine
Veranlassung, den Ständen für ihre Mitwirkung bei der Staats-
regierung zu danken und seine Harmonie mit der Volksvertretung
durch die öffentliche Bekanntmachung der gemeinsam zur Er-
* ANDRES a. a. O. 8. 263.
13*