Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

3023 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
ihr Amt mit in das Dienstgebäude; den Geschworenen und Schöffen 
erwartet es dort. Und umgekehrt nehmen jene ihr Amt wieder 
mit nach Hause, um es aus dem Privatleben heraus jederzeit wieder 
ausüben zu können, jederzeit einer etwaigen Inanspruchnahme der 
darin enthaltenen aktiven Dienstpflicht gewärtig zu sein und sich 
in ihrer ganzen Lebensführung dessen würdig zu erweisen, alles, 
bis daß das Amt oder die ganze berufsmäßige Dienstpflicht ihnen 
wieder entzogen ist. Der Geschworene und Schöffe läßt nach ge- 
schlessener Sitzung das Amt mit allen daran hängenden Pflichten 
bei Gericht; denn nur für die Dauer seiner jedesmaligen Anwesen- 
heit bei Gericht zur Erfüllung der auferlegten Dienstpflicht hat 
das Gesetz es ihm geben wollen. Draußen ist er jedesmal wieder 
ein freier Mann. 
Dieser tiefgehende Unterschied kommt zum Ausdruck darin, 
daß das Gesetz vom Geschworenen wie Schöffen nicht sagt, er 
habe ein Amt, sondern er „versehe“ ein Amt. Aber auch 
darin, daß diese beiden, obwohl sie ein Amt auszuüben bekommen, 
doch deshalb keine Beamten sind. Das hängt nicht mit dem 
Ehrenamte zusammen; es gibt Ehrenbeamte. Sondern damit, daß 
sie keine Beamteten sind, nicht ausgestattet für ihre Person 
mit dem dieser anhaftenden Amte°®, 
gekehrt, daß sie vom Gericht übernommen werden, geradeso wie nach Heerordnung 
$ 11 Ziff. 6 die aktive Heerdienstpflicht entsteht durch „die Übernahme der 
Rekruten durch die Truppenteile“. Daß sich dort an diese Tatsache nicht auch 
der Erwerb eines Amtes knüpft, ist ein nebensächlicher Unterschied für unsere 
Frage. Richtig Loening, Verw.R. S. 138 Note 1: „Es bedarf aber keiner An- 
nahme des Amtes“. Er fährt allerdings fort: „Schöffen und Geschworene, die sich 
ihren Obliegenheiten entziehen, sind mit Strafe bedroht, nicht weil sie der Pflicht, 
das Amt anzunehmen, nicht nachgekommen wären, sondern weil sie ihre Amts- 
pflicht verletzt haben. Sie sind und bleiben Schöffen und Geschworene.“ Das ist 
die ungenaue Ausdrucksweise des täglichen Lebens, die als Schöffen, vorweg- 
nehmend, schon den Mann bezeichnet, der ausgewählt, aber noch nicht einberufen 
ist, Schöffendienst zu tun, oder auch als Geschworenen den, der einstweilen nur auf 
der Jahresliste steht (G.V.G. $ 90). Eigentlich gebührt ihm der Amtstitel erst, wenn 
er das Amt zu „versehen“ beginnt. Vorher kann er auch keine „Amtspflichten“ 
haben und folglich auch keine verletzen. Wer sich durch Nichterscheinen der 
Öbliegenheit entzieht, Schöffe zu werden, verletzt seine Dienstpflicht, keine 
Amtspflicht, 
2° In diesem Sinne auch Preuß, Städt. Amtsrecht S. 72f. — Wenn man als 
Grund hervorhebt die kurze Dauer des Amtes und die einzelnen Funktionen, zu 
denen es nur beruft (Haelschner, St£.R. U, 2 S. 1083 u. Note 8; G. Meyer- 
Anschütz, D.St.R. $ 143, 1), so ist wohl das gleiche gemeint, aber nur nach 
einem äußerlichen Symptom bezeichnet. — Der Umstand, daß das Amt auf Zwang 
oder „Untertanenpflicht“ beruht (Olshausen, Stf.G.B. 9. Aufl. I S. 114 Note 10
	        
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