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Ist die Entsendung von Aerzten oder die
Lieferung von Heilmitteln seitens eines neu-
tralen Staates an eine kriegführende Macht
zulässig ?
Von
Dr. jur. BRUNO ALTENBERG, Referendar.
Am 8. Oktober 1912 erklärte das Königreich Montenegro der
Kaiserlich Türkischen Regierung den Krieg. Alsbald überschritten
die montenegrinischen Truppen die türkische Grenze, und es kam
zu blutigen Gefechten, in denen namentlich die Montenegriner
viele Verwundete hatten. Um die Pflege derselben war es auf
montenegrinischer Seite schlecht bestellt; Wiener Meldungen zu-
folge sollte sich im Lazarett zu Cetinje überhaupt nur ein einziger
Arzt befinden; auch an Verbandstoffen und Heilmitteln herrschte
Mangel.
Unter diesen Umständen beschloß der in Wien anwesende
Großfürst Peter Nikolajewitsch von Rußland, ein Verwandter des
russischen Kaisers, zugunsten der verwundeten montenegrinischen
Soldaten eine Anzahl Aerzte und Krankenpfleger und -pflegerinnen
zu sammeln sowie Heilmittel und Verbandstoffe aufzubringen.
Er führte seinen Plan aus und begab sich mit einem Personal
von Aerzten und Pflegern sowie einer Menge von Heilmitteln
nach Cetinje, der Hauptstadt Montenegros.
Wie serbische Zeitungen, allerdings unbestätigt, gemeldet