Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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haben, soll der Großfürst hierbei im Auftrage der russischen Re- 
gierung oder des Kaisers von Rußland gehandelt haben. 
Es fragt sich, ob, falls diese Nachricht den Tatsachen ent- 
spräche, ein solches Verhalten der russischen Regierung zulässig 
wäre, d. h. also, ob eine neutrale Regierung das Recht hat, wäh- 
rend eines Krieges an eine kriegführende Macht zur Pflege der 
Verwundeten Aerzte zu entsenden und Heilmittel zu liefern, oder 
ob ein solches Vorgehen gegen die Gesetze der Neutralität ver- 
stößt. 
Es unterliegt nach der heute im Völkerrecht herrschenden, 
sich auf die Beschlüsse der zweiten Haager Friedenskonferenz 
vom 18. Oktober 1907 stützenden allgemeinen Ansicht keinem 
Zweifel, daß der Großfürst Peter berechtigt war zu handeln, wie 
er gehandelt hat, wenn er dies als private Persönlichkeit tat; 
daß er dabeı Prinz des kaiserlich russischen Hauses ist, kann 
keinen Unterschied machen; denn diese Eigenschaft legt ihm 
völkerrechtlich keine anderen Verpflichtungen auf, als sie je- 
dem anderen Privatmanne obliegen. Fraglich ist es dagegen, ob 
sein Verhalten völkerrechtlich zulässig war, wenn er im Auftrage 
der russischen Regierung gehandelt hat, wenn mit anderen Worten 
also die russische Regierung als die Regierung eines neutralen 
Staates einer kriegführenden Macht, Montenegro, durch Entsen- 
dung von Aerzten und Lieferung von Heilmitteln hinsichtlich der 
Pflege der Verwundeten Hilfe geleistet hat. 
Sedes materiae für diese Betrachtung ist das Abkommen V, „be- 
treffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen 
im Falle eines Landkriegs“ der zweiten Haager Konferenz vom 18. Ok- 
tober 1907, Kapitel I „Rechte und Pflichten der neutralen Mächte“ 
hinsichtlich des Landkrieges. Bezüglich des Seekrieges ist maßgebend 
das Abkommen XIII der Konferenz, „betreffend die Rechte und 
Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekriegs“, ebenfalls vom 
18. Oktober 1907. Für die hier in Betracht kommende Frage 
entsprechen die beiden Abkommen einander, so daß es einer ge-
	        
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